Überblick
Visuell und inhaltlich sauber festgehaltene Prozessbeschreibungen bilden die Basis für ein einheitliches Verständnis über Abläufe, Zusammenhänge und Verantwortlichkeiten. Sehr gut geeignet und weit verbreitet sind Darstellungen solcher Prozesse in Swimlane-Diagrammen.
Der Name rührt daher, dass die Darstellung an die Draufsicht eines Schwimmbeckens mit mehreren Schwimmbahnen erinnert. Die Prozessbeteiligten, also Bereiche, Abteilungen oder Personen, sind als Startblöcke wahrzunehmen.
Die einzelnen Tätigkeiten oder Prozessschritte innerhalb des Gesamtprozesses reihen sich in der jeweiligen Schwimmbahn aneinander.
Die Einzelschritte sind durch Pfeile miteinander verbunden. Diese Pfeile zeigen den Informationsfluss zwischen den Einzelschritten auf. Schnittstellen zwischen Bereichen und mögliche Informationsbrüche sind leicht und nachvollziehbar zu erkennen. Somit wird in dieser Darstellungsform eine Verbindung von Prozessschritt und Verantwortlichkeit klar ersichtlich.
In der praktischen Anwendung werden Prozessdarstellungen häufig zusätzlich um eine RASCI-Matrix ergänzt, welche Rollen und Verantwortlichkeiten innerhalb des Prozesses noch transparenter zuweist. Ebenso findet eine Verknüpfung von Einzelschritten zu notwendigen Arbeitsdokumenten, Checklisten und Standards immer häufiger Anwendung.
Von der Visualisierung von Prozessen in der Produktion bis hin zu komplexen Management-Prozessen sind der Methodik keine Grenzen gesetzt. Im Rahmen einer ganzheitlichen Prozessoptimierung mit dem Process-Excellence-Ansatz ist die Aufnahme sämtlicher Prozesse und deren Zusammenführung in einer Prozesslandkarte unabdingbar.
Konzept
Klassischerweise werden Swimlane-Diagramme in zwei Fällen zur Visualisierung von Prozessen herangezogen:
– Visualisierung von Soll-Prozessen
– Aufnahme und Visualisierung von tatsächlich gelebten Ist-Prozessen
Um wirklich grundlegende Prozessoptimierung und damit nachhaltige Verbesserungen anzustreben, wird eine Organisation nicht umhinkommen, die Ist-Prozesse aufzunehmen, zu visualisieren und anschließend zu analysieren. Das methodisch saubere Vorgehen lässt sich wie folgt beschreiben:
1. Definition des Betrachtungsumfangs
Start- und Endpunkte des Prozesses sowie dessen Name und Einordnung in die Prozesslandkarte werden definiert. Zudem wird in Erfahrung gebracht, welche potentiellen Trigger beziehungsweise Prozessauslöser vorhanden sind.
2. Identifikation der Prozessbeteiligten
In Interviews und Befragungen werden alle Prozessbeteiligten identifiziert. Ergänzend zu Interviews dienen häufig bereits bestehende Prozessbeschreibungen als wichtige Informationsquellen.
3. Bestimmung des Detaillierungsgrads
Grundsätzlich eignen sich Swimlanes zur Darstellung in verschiedenen „Flughöhen“. Innerhalb einer Swimlane-Darstellung sollte allerdings darauf geachtet werden, dass der Grad der Details nicht variiert.
4. Erfassung der Prozessschritte sowie der Informationsflüsse
In Interviews mit Prozesseignern und -beteiligten werden die einzelnen Prozessschritte beziehungsweise Tätigkeiten erfragt, erfasst und visualisiert. Wichtig an dieser Stelle ist ein besonderer Fokus auf den tatsächlichen gelebten Ablauf. Bei der Erfassung des Informationsflusses zwischen den einzelnen Prozessschritten sind Entscheidungen, Verzweigungen und Schleifen mit aufzutragen und zu visualisieren. Als gängige und einheitliche Schreibweise für Prozesse hat sich hier die grafische Spezifikationssprache Business Process Model and Notation 2.0 (BPMN 2.0) etabliert.
5. Einbettung in Prozesslandkarte
Der dargestellte Ist-Prozess-Ablauf wird in die ganzheitliche Prozesslandkarte eingebettet. Dazu sind aussagekräftige Beschreibungen der Prozessspezifikationen sinnvolle Hilfsmittel. Die aus der Methodenwelt von Six Sigma bekannten Methoden Voice of the Customer (VOC), „Supplier, Input, Process, Output, Customer“ (SIPOC) und Criticals to Quality (CTQs) haben sich hierzu bewährt.
Die Erfassung aller Prozesse im gelebten Ist-Zustand bietet einer Organisation die Möglichkeit, Verschwendungen und Verluste zu erkennen. Diese sind sowohl durch kleine Quick Wins als auch größere Optimierungen zu eliminieren oder zu optimieren und reduzieren schließlich den Aufwand für die Prozessbeteiligten erheblich. Eine Reduktion der Komplexität und letztlich der Prozess-Durchlaufzeit sind positive Effekte.
Eine große Flexibilität bieten Swimlane-Diagramme hinsichtlich Skalierbarkeit und Setzen der zu betrachtenden Prozessgrenzen. Jedes Detaillevel – bis auf Aktivitäten heruntergebrochen – lässt sich darstellen. Auch können die Verantwortlichkeiten von Organisationseinheiten bis herunter zu Einzelpersonen ausdetailliert werden.
Die Erstellung eines aussagekräftigen Swimlane-Diagramms setzt eine ausreichende Datengrundlage voraus. Diese wird durch Interviews mit Prozessbeteiligten und ebenso durch das aktive Ansehen der Prozesse ermittelt, zum Beispiel mit Hilfe von Prozess-DILOs (DILO-Methode: Day-in-the-Life-of-Methode; klassische Analysemethode). Je genauer die Datengrundlage ermittelt wird, desto leichter sind Pain Points im Prozess zu identifizieren. Ebenso werden während der Interviews erste Schmerzpunkte mit aufgenommen, im Fokus steht jedoch die Aufnahme des Ist-Prozesses (mit allen Beteiligten, Tätigkeiten und Schleifen).
Mehrwert
Durch eine crossfunktionale Teamzusammenstellung bei Prozess-Kaizens tragen relevante, aber verschiedene Perspektiven zur Aufnahme gelebter Ist-Prozesse bei. Zusammen werden die realen Prozesse aufgenommen und beschrieben. Das gemeinsame Arbeiten schärft die Wahrnehmung und schafft gegenseitiges Verständnis dafür, welche Schwachstellen bei den tagtäglichen Abläufen zu Problemen und Herausforderungen führen.
Häufig werden Swimlane-Diagramme im Rahmen der Analysephase von Process Excellence für Ist-Prozesse erstellt. Die plakative Darstellung des Prozesses in einem Swimlane-Diagramm sorgt für eine hohe Transparenz. Die Einhaltung der vier Regeln der Prozessanalyse kann dadurch überprüft werden. Diese vier Regeln sind das Vermeiden von Verzweigungen, das Schließen von Prozesslücken, das Entfernen von Prozessschritten und das Eliminieren von Schnittstellen.
Im Swimlane-Diagramm lassen sich Abweichungen von diesen Regeln kennzeichnen und diese von Prozessbeteiligten als Schmerzpunkte wahrgenommenen Aspekte können angegangen werden. So lassen sich Ineffizienzen, Doppelarbeiten sowie aufwendiges „Am System vorbei“-Arbeiten reduzieren.