Übersicht

 

Process Excellence ist eine Methode aus dem übergeordneten Operational-Excellence-Baukasten und zielt darauf ab, schlanke, möglichst verschwendungsfreie Prozesse in den administrativen Bereichen zu generieren. Dies entlastet Abteilungen, Teams und einzelne Mitarbeiter und hält für Unternehmen eine schlagkräftige Antwort auf die Herausforderungen des Fachkräftemangels und demografischen Wandels bereit. Statt immer mehr Tätigkeiten immer weniger Mitarbeitern aufzulasten, werden Prozesse so entschlackt, dass sie Kapazitäten für neue Aufgaben freisetzen.

Denn ein nicht zu vernachlässigender Nebeneffekt von Process Excellence ist die nachhaltige Reduktion von Aufwand in FTE (Full-Time Equivalents) aus den administrativen Bereichen, welche durch die Verschlankung und Entschlackung der Prozesslandschaft nicht mehr für das operative Tagesgeschäft benötigt werden. Diese FTE lassen sich anschließend für strategisch sinnvolle Zwecke anderweitig einsetzen oder in einem KVP-Team für den kontinuierlichen Verbesserungsprozess nutzen.

Als Vorgehen zur Etablierung von Process Excellence hat sich in der Praxis ein dreistufiger Projektfahrplan, bestehend aus den übergeordneten Projektphasen „Analyse“, „TIMWOOD-Workshops“ und „Redesign“, als sehr erfolgreich bewiesen. Ergebnis eines solchen Process-Excellence-Projekts sind klare Tätigkeiten und Rollen in den einzelnen, schlank aufgesetzten Prozessen sowie eine strukturierte, effiziente Prozesslandschaft mit sauberen, funktionierenden Schnittstellen zwischen den Prozessen. Damit wird ein kontinuierlicher Fluss von Kundenaufträgen durch die zueinander nach dem Heijunka-Prinzip ausgetakteten Prozesse ermöglicht.

 

Konzept

 

Die Analysephase eines Process-Excellence-Projekts hat zum Ziel, alle vorhandenen Potentiale hinsichtlich der sieben Arten der Verschwendung (die TIMWOODs) umfassend aufzunehmen. Dazu sind im Kern zwei Methoden zu verwenden:

 

  • Bei der Tätigkeitsstrukturanalyse (TSA) werden alle Mitarbeiter zu ihren Tätigkeiten interviewt. Die Tätigkeiten sind festzuhalten und erste Schmerzpunkte sowie Ideen zur Behebung dieser Schmerzpunkte aufzunehmen.

 

  • Zudem werden, ebenfalls mit Hilfe von Interviews, alle vorhandenen Prozesse als Swimlane-Diagramme dargestellt. Auch hier können bereits erste Schmerzpunkte mit aufgenommen werden, im Fokus steht jedoch die Aufnahme des Ist-Prozesses (mit all seinen Schwimmbahnen, Tätigkeiten und Schleifen).

 

Neben der Dokumentation von Tätigkeiten und Prozessen für die Verwendung in der nachfolgenden Phase hat die Analysephase ein weiteres, übergeordnetes Ziel, nämlich die Erzeugung eines Transformationsmomentums durch die gesamte Organisation. Dies wird vor allem darüber erreicht, dass wirklich jeder Mitarbeiter über die Interviews Berührungspunkte mit dem Projekt erhält und dabei seine Tätigkeiten und insbesondere seine Schmerzpunkte mit dem Ist-Zustand ernsthaft gehört und aufgenommen werden.

 

In der TIMWOOD-Workshop-Phase geht es nun daran, Verschwendung zu identifizieren und kreative Lösungen zu finden. Dies geschieht in zwei Stufen. In der ersten Stufe finden bereichsinterne Teamworkshops statt, in denen die zuvor über die TSAs aufgenommenen Tätigkeiten analysiert, TIMWOODs identifiziert und Ideen zur Hebung der Potentiale gefunden werden. Häufig überschneiden sich die Tätigkeitsprofile von Mitgliedern eines Teams teilweise, so dass über die Teamworkshops eine effiziente und kreative Diskussion gefördert wird.

In der zweiten Stufe werden in bereichsübergreifenden Workshops die Prozesse analysiert. Hier dienen ebenfalls die sieben Arten der Verschwendung sowie zusätzlich die vier Regeln der Prozessanalyse als methodische Grundlage zur Identifikation von Potentialen. Die vier Regeln zielen auf die Eliminierung von Verzweigungen, Reduktion von Prozessschritten und Schnittstellen sowie das Schließen vorhandener Lücken im Prozessablauf ab. Neben schnell umsetzbaren Quick Wins geht es in diesen Workshops auch darum, bereits erste Ideen für ein späteres Redesign der Prozesse zu identifizieren. Dafür ist eine crossfunktionale Besetzung der Workshops essentiell.

In beiden Workshoparten profitieren die Teilnehmer enorm von einer guten, kreativitätsfördernden Moderation, welche Gegebenheiten immer wieder kritisch hinterfragt und damit die Teilnehmer zu echten Outside-the-box-Lösungen anspornt.

 

In der Redesign-Phase geht es dann wirklich ans Eingemachte, das heißt an die gesamte Prozesslandschaft. Spätestens hier, wenn nicht bereits in der Analysephase geschehen, werden zwei Prozesslandkarten aufgebaut: Die Ist- und die Soll-Prozess-Landkarte. Mit Hilfe der Methoden Voice of the Customer (VOC) und Critical to Quality (CTQ) werden in der Vorbereitung zunächst alle Schnittstellen zwischen Prozessen identifiziert und in der Ist-Prozess-Landkarte mit CTQs hinterlegt. Basierend auf der Wertstrommethodik werden anschließend in sogenannten Redesign-Workshops die Prozesse inklusive ihrer Reihenfolge und Anordnung in der Prozesslandkarte radikal entschlackt und optimiert, immer mit dem Ziel einer ausgetakteten Prozesslandschaft. Das kann, falls notwendig, auch Reorganisation und Neuzuschnitt von Abteilungen bedeuten. Die Etablierung von Springer-Systemen zur Flexibilisierung ist ein weiterer Hebel, der gezogen werden kann. Ergebnis ist eine Soll-Prozess-Landkarte mit teilweise grundsätzlich neuen Schnittstellen, welche im letzten Schritt erneut mit Hilfe der VOC mit CTQs belegt werden.

 

Parallel zu diesen drei Phasen und beginnend circa ab Mitte der Analysephase läuft die Maßnahmenumsetzung. Denn die Identifikation von Potentialen ist das eine – essentiell für den Erfolg des Projekts ist daneben eine sauber gemanagte Umsetzung der Maßnahmen, so dass die erkannten Potentiale auch nachhaltig gehoben werden. Die Maßnahmenumsetzung führt dazu, dass die Soll-Prozess-Landkarte Schritt für Schritt zur neuen Ist-Prozess-Landkarte wird und damit die bisherigen, verschwendungsintensiven Prozesse nach und nach abgelöst werden. Da jedoch Process Excellence kein einmaliges Projekt, sondern ein dauerhaftes Mindset ist, bleiben Ist- und Soll-Prozess-Landkarte stets bestehen. Es entsteht ein dauerhafter Wettlauf, in dem sich beide Prozesslandkarten regelmäßig weiterentwickeln, wobei die Soll-Prozess-Landkarte der Ist-Prozess-Landkarte immer ein paar Schritte voraus bleibt.

Zur wirksamen Steuerung der Maßnahmenumsetzung hat sich die Nutzung einer sogenannten Multimaßnahmensteuerung mit passendem IT-Kollaborationstool und begleitet durch eine Kurzintervall-Steuerung anhand von Daily Stand-ups vielfach bewährt.

 

Ergänzend zu diesem klassischen Projektfahrplan können zwei weitere Bausteine den Projekterfolg wirksam beeinflussen. Eine kurze, intensive Potentialanalyse als Ramp-up vor dem eigentlichen Projekt bietet die Möglichkeit, bereits vor Ende der Analysephase eine Einschätzung über die Höhe der vorhandenen Potentiale zu erhalten und damit Projektziele sinnvoll festzulegen. In der Potentialanalyse analysiert ein Team, idealerweise das spätere Projektteam, in einem kurzen Zeitraum stichprobenartig die Tätigkeiten und Prozesse der Organisation, lernt dabei bereits die später im Projekt angewendeten Methoden kennen und erzeugt ein erstes Transformationsmomentum in der Organisation.

Des Weiteren kann ein Quick-Detox-Programm schnelle Abhilfe bei stark überlasteten Bereichen und Mitarbeitern schaffen. Über Tätigkeitsstrukturanalysen und Kalender-Detox-Ansätze kann eine schnell spürbare erste Entschlackung erreicht werden. Dies schafft den Freiraum in der Organisation und insbesondere bei den Führungskräften, um neben dem Tagesgeschäft erfolgreich im Projekt mitarbeiten beziehungsweise die für das Projekt erforderlichen Einsätze wie zum Beispiel Teilnahme an Workshops leisten zu können.

 

Mehrwert

 

Process Excellence bietet DIE Antwort auf den vielfach vorherrschenden Fachkräftemangel, indem es Möglichkeiten und Wege aufzeigt, mehr Ergebnisse mit weniger Personal bei gleicher oder sogar geringerer Arbeitslast zu schaffen. Egal ob die Ursache für die gefühlte Personalknappheit der Fachkräftemangel am Markt, ständige Überlast in der Organisation oder der demografische Wandel ist. Process Excellence bietet die Lösung. Statt ins Recruiting zu investieren und einfach mehr Leute einzustellen, wird Verschwendung aus den Tätigkeiten und Prozessen eliminiert und damit Kapazitäten für wirklich sinnvolle Arbeit mit echtem Mehrwert für den Kunden geschaffen.

Erfahrungsgemäß lässt sich durch die Anwendung der Process-Excellence-Methodik eine Entschlackung und damit freie FTE in der Größenordnung 15 bis 30 Prozent erreichen. Gleichzeitig wird ein nachhaltig wirksamer Verschlankungseffekt in der Organisation spürbar und senkt die häufig gefühlte Überlast und Überstundenzahl.

Unternehmen setzen die gewonnenen FTE anschließend für zukunftsweisende Themen wie beispielsweise die kontinuierliche Verbesserung oder für die Mitarbeit in strategisch relevanten Projekten zur systemischen Weiterentwicklung der Organisation ein. In Konsequenz unterstützt Process Excellence signifikant die langfristige Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit einer Organisation.

Darüber hinaus ist Process Excellence als Vorstufe zu einem Digitalisierungsprojekt dringend zu empfehlen. Statt zum Beispiel beim Aufbau eines ERP-Systems (Enterprise Resource Planning) die bestehenden, häufig chaotischen und verschwendungsintensiven Prozesse in die digitale Welt zu übertragen, ist es unbedingt ratsam, die Prozesslandschaft vorher mit Process Excellence zu entschlacken und von unnötiger Verschwendung zu befreien.