Überblick

 

In Industriebetrieben, die mit Lean Management in ihrer Produktion bereits einige Basisbausteine implementieren konnten, ist das Konzept des Hancho ein erfolgserprobter Hebel, um die Verbesserungsarbeit im Gemba zu systematisieren.

Der Hancho nimmt eine wichtige Rolle als Verbindungsglied zwischen Mannschaft und Führungsebene ein. Als mitarbeitender Prozessoptimierer ist der Hancho unverzichtbar im System der kontinuierlichen Verbesserung. Die Rolle ähnelt der Idee eines Spielertrainers im Fußball, der sowohl aktiv am Spiel teilnimmt als auch am Spielfeldrand das Spiel analysiert, um anschließend mit dem Team gemeinsam an Verbesserungen der Abläufe zu arbeiten. Diese Ausrichtung lässt sich als grobe Beschreibung auch auf die Rolle des Hancho übertragen.

 

Konzept

 

Hancho bedeutet sinngemäß übersetzt Teamleiter, wobei er im Vergleich zu einem klassischen Teamleiter eine veränderte Ausrichtung seiner Aufgabenbeschreibung hat. Toyota ist bis heute die bekannteste Referenz im Zusammenhang mit dem Konzept des Hancho und generell weist jedes professionelle Produktionssystem einen Baustein für die Rolle des Hancho auf. Der Hancho bildet die unterste Führungsebene in einem Produktionsbetrieb zwischen der Belegschaft und der Schichtleiter- oder Meisterebene. Er ist fachlich in dem jeweiligen Produktionsbereich versiert und fungiert häufig auch als Springer. Darüber hinaus ist es das fest gesetzte Ziel, durch die Hancho-Rolle talentierte Mitarbeiter auch methodisch auszubilden und sie somit in die Lage zu versetzen, kontinuierlich an Prozessverbesserungen zu arbeiten.

Es ist die originäre Aufgabe des Hancho, sich zu einem definierten Teil seiner Arbeitszeit aus der operativen Tätigkeit herauszuziehen und gezielt am System zu arbeiten. Das bedeutet, dass dauerhafte Verbesserungen in Arbeitsprozessen realisiert werden, die in festgeschriebenen Standards dokumentiert sind. Dadurch profitieren alle Mitarbeiter im jeweiligen Bereich und die kontinuierliche Arbeit an Verbesserungen ist systematisiert.

Hierzu erlernt der Hancho alle gängigen Lean-Methoden im Shopfloor-Bereich und wendet sie regelmäßig in seiner eigenen Arbeitsumgebung an. Beispiele für Methoden sind 5S, TIMWOOD, Spaghetti-Diagramme, SMED. Um seine Methodenkompetenz in der Breite und Tiefe deutlich auszubauen, durchläuft er definierte Trainings und Weiterbildungen. Hierzu fungieren idealerweise interne Trainer und externe Impulsgeber als Unterstützer und Mentoren, um jeden Hancho auch individuell optimal in seiner Entwicklung zu unterstützen. Neben der methodischen Ausbildung besteht der Kern der Arbeit darin, fortlaufend die gültigen Arbeitsstandards mit dem tatsächlich beobachteten Ablauf im Gemba zu vergleichen und Abweichungen aufzunehmen. Gemeinsam mit der Mannschaft entwickelt der Hancho Verbesserungsvorschläge, um die analysierten Abweichungen dauerhaft abzustellen und einen neuen Standard zu erstellen. Das praktisch passende Format für die Verbesserungsarbeit auszuwählen, zum Beispiel Kaizen-Workshops, Gemba-Walk oder Coaching-Kata, zählt ebenfalls zu den Aufgaben des Hancho.

Die Stärke des Konzepts liegt auch darin, dass der Hancho die Aufgabe hat, die Umsetzung der definierten Maßnahmen zu verfolgen und dazu die nächste Führungsebene als Unterstützer einzubeziehen. Hierzu nutzt er beispielsweise die täglich stattfindenden Meetings im Shopfloor, auch als Stand-ups oder Dailys bezeichnet. Dadurch werden die Shopfloor Boards kontinuierlich mit aktuellen Themen versorgt, für die die jeweiligen Produktionsteams Verbesserungsmaßnahmen erarbeiten können. Der Hancho sorgt somit dafür, dass auf täglicher Basis Entscheidungen für Verbesserungsaktionen getroffen und durch die Verantwortlichen sofort in die Umsetzung gegeben werden können.

Als mitarbeitender Vorarbeiter genießt der Hancho eine hohe Akzeptanz bei seinen Bereichskollegen. Das erleichtert ihm die Verbesserungsarbeit an den Arbeitsabläufen, da er die aufgenommenen Schwächen in den Abläufen selbst nachvollziehen und glaubhaft hinterfragen kann. In seiner Rolle als Moderator von Verbesserungsworkshops führt er die Arbeit mit dem jeweiligen Team weiter und sorgt zusätzlich dafür, dass aufgenommene Ideen final auch realisiert werden. Somit hält er den gesamten Prozess von Aufnahme bis Umsetzung und Prüfen der Maßnahmen in der Hand. Dadurch erlangt er einen respektablen Status bei den Kollegen und fördert die tägliche Kulturarbeit hin zu der Selbstverständlichkeit, in der täglichen Arbeit an Verbesserungen zu arbeiten.

Die Rolle des Hancho nimmt in einem Produktionssystem einen fest definierten Platz ein. Neben der Unternehmensperspektive offeriert die Rolle des Hancho auch ein Karrieresprungbrett für talentierte Mitarbeiter im Betrieb. Prinzipiell hat jeder Mitarbeiter die Chance, durch herausragende Leistungen in die Rolle des Hancho befördert zu werden. Darüber hinaus sammelt er Erfahrungen in der Rolle einer Führungskraft und kann beweisen, dass auch weitere Stufen auf der Karriereleiter erklimmbar sind.

 

Mehrwert

 

Der Hancho stellt einen wesentlichen Baustein für eine KVP-Organisation dar, durch die Unternehmen kontinuierliche Verbesserung als systematischen Management-Ansatz etablieren können. Die Bandbreite von Methoden in der Organisation wird vergrößert. Es wird begünstigt, dass eine fix definierte Zeit der Arbeit dafür verwendet wird, am System statt im System zu arbeiten. Gerade im Shopfloor-Bereich wird die Verbesserungsarbeit zu oft vernachlässigt, um operative Störungen im Ablauf zu regeln und das Tagesgeschäft aufrechtzuerhalten. Der Hancho ist ein Beispiel dafür, wie eine Organisation bewusst Rollen und Kompetenzen schaffen kann, um neben dem Tagesgeschäft dafür zu sorgen, dass im Gemba durch die beteiligten Teams kontinuierlich an Verbesserungen gearbeitet wird.

Die Rolle bietet darüber hinaus die Möglichkeit, die beruflichen Perspektiven zu vergrößern und einen positiven Schritt auf der Karriereleiter zu gehen. Mitarbeiter erlangen die Chance, sich ohne vorherige umfangreiche Weiterbildungsmaßnahmen im Betrieb in einer führenden Rolle zu beweisen. Durch die gesammelten Erfahrungen erlangt sowohl der Hancho selbst als auch der Betrieb einen umfassenden Eindruck von Talent und Kompetenz. Der Hancho dient damit als Musterbeispiel für die systemische Verankerung von Organisationsentwicklung im Unternehmen.