Überblick

 

Das Toyota Kata beschreibt eine Routine, mit der Anwender ein strukturiertes Vorgehen und eine proaktive Haltung gegenüber der kontinuierlichen Problemlösung und Verbesserung in Unternehmen entwickeln. Dabei wird der Weg in kleinere Etappen unterteilt, die systematisch eine nach der anderen angegangen und absolviert werden. Die auf diesem Weg erlernten Erkenntnisse werden bewusst reflektiert und gesichert.

Der Begriff „Kata“ stammt dabei aus der japanischen Kampfkunst und beschreibt die festgelegte Verknüpfung verschiedener Techniken in einer Abfolge. Diese Abfolge wird von Trainierenden immer und immer wieder geübt, bis sowohl die einzelnen Techniken wie auch das gesamte Kata in das Muskelgedächtnis übergehen. In der Summe werden die Anwender somit auch schrittweise bessere Kampfkünstler. Die Parallele zur stetigen Entwicklung im Unternehmen ist deutlich: In beiden Fällen lassen sich über die Anpassung der täglichen Routinen und die Änderung der Gewohnheiten auch umfassende Ziele schrittweise erreichen.

Neben der Entwicklung des Unternehmens entsteht somit auch eine Kultur des ständigen Lernens und der ständigen Verbesserungen auf allen Hierarchieebenen. Mitarbeiter entwickeln sich in der Folge Schritt für Schritt und unter der engen Begleitung der Führungskräfte zu selbstständigen Problemlösern.

Dieses methodische Vorgehen steht im Kontrast zum Umgang vieler Unternehmen mit dem Auftauchen von Herausforderungen und Problemen sowie der damit verbundenen Forderung nach Anpassung und Weiterentwicklung. Häufig werden Probleme aktionistisch angegangen, was zur Behebung von Problemsymptomen, aber nicht der zugrundeliegenden Ursachen resultiert. In der Folge tauchen Probleme immer wieder auf, was unwiederbringlich zur Verschwendung von Ressourcen, Zeit und Energie führt.

Doch auch wenn Problemursachen erfolgreich behoben wurden, lässt sich der Erfolg durch mangelndes methodisches Vorgehen sowie fehlende Dokumentation und Ausbildung der Beteiligten in Zukunft nur zufällig wiederholen. Im Gegenteil hängt die Erfolgswahrscheinlichkeit somit von der Erfahrung der Verantwortlichen ab.

 

Konzept

 

Das Toyota Kata besteht im Wesentlichen aus zwei Bestandteilen: dem Verbesserungs-Kata und dem Coaching-Kata. Im Verbesserungs-Kata geht es darum, sich über kleine Schritte einem entfernten Ziel-Zustand zu nähern. Dabei wird anhand einer wissenschaftlich orientierten Vorgehensweise entschieden, wie auf dem unbekannten Weg möglichst routiniert und strukturiert auf Hindernisse zu reagieren ist. Über das begleitende Coaching-Kata wird der Mitarbeiter auf dieses Vorgehen vorbereitet und während der Durchführung eng begleitet.

Das Verbesserungs-Kata besteht aus vier wesentlichen Schritten, über welche die stetige Optimierung im Unternehmen vorbereitet und anschließend über ständige Zyklen umgesetzt wird. Im Kern dieses Kata steht der einzelne Mitarbeiter, der für die Verbesserungen in einem ausgewählten Prozess verantwortlich ist.

Dieser Mitarbeiter soll im ersten Schritt des Vorgehens verstehen, welches Zielbild für den betrachteten Prozess gilt. Dieses Zielbild wird bewusst mit messbaren Kennzahlen hinterlegt und beschreibt beispielsweise die angestrebte Produktqualität, Produktionsgeschwindigkeit oder die Arbeitssicherheit. Somit entsteht zum einen ein einheitliches Verständnis zur Marschrichtung, zum anderen wird der Sinn der Verbesserung nachvollziehbar. Beide Aspekte sind notwendig, damit der Mitarbeiter nicht nur seine Aufgabe abarbeitet, sondern motiviert beteiligt ist.

Im zweiten Schritt des methodischen Vorgehens liegt der aktuelle Ist-Zustand im Fokus. Zur objektiven Einschätzung der aktuellen Situation werden Daten und Fakten in Form von Einfluss-Kennzahlen herangezogen. Der Vorteil dieser Fokussierung liegt darin, dass Einfluss-Kennzahlen im Gegensatz zu Ergebnis-Kennzahlen deutlich schneller und direkter durch den Mitarbeiter beeinflusst werden können.

Nachdem die aktuelle Lage bekannt ist, wird im dritten Schritt das nächste Zwischenziel auf dem Weg zum Zielbild bestimmt. Dabei muss klar sein, welche Bedingungen für die Erfüllung gelten und bis wann das Zwischenziel zu erreichen ist. Auf Basis der im vorherigen Schritt aufgenommenen Kennzahlen werden dafür messbare Zielwerte verbunden mit einer Deadline festgelegt. Die zu erreichenden Ziele sind dabei bewusst ein Stück über die Komfortzone und die bekannte Wissensgrenze hinaus zu setzen, um die Weiterentwicklung des Unternehmens anzustoßen.

Auf Basis eines verständlichen Zielbilds macht sich der Mitarbeiter nun daran, das nächste Zwischenziel über die Anwendung eines oder mehrerer PDCA-Zyklen zu erreichen. Unter Beachtung der Vorgehensweise „Plan – Do – Check – Act“ stellt er dafür im ersten Schritt Hypothesen zur Verbesserung sowie die damit verbundenen Wirkungsprognosen auf. Im zweiten Schritt des Zyklus folgt ein Experiment, in dem die formulierte Hypothese dann in die Tat umgesetzt wird. Dabei ist zu erwarten, dass sich durch das Überschreiten der bisherigen Wissensgrenzen neue Erkenntnisse einstellen. Ebenso werden auch bislang unbekannte Hindernisse auftauchen, auf die zu reagieren ist.

Nach Probe der Hypothese in der Realität muss im dritten Schritt ein Abgleich zwischen den formulierten Prognosen und den tatsächlichen Ergebnissen stattfinden. Ebenso sind relevante Erkenntnisse zu sammeln. Zum Abschluss des PDCA-Zyklus werden im vierten Schritt die gesammelten Ergebnisse und Erkenntnis in die Reflexion genommen. Wurde das Zwischenziel noch nicht erreicht, fließen Rückschlüsse aus der Reflexion in den nächsten Verbesserungs-Zyklus, bis das Zwischenziel erreicht wird oder die Deadline ausläuft.

An dieser Stelle ist noch einmal gesondert zu betonen, dass der PDCA-Zyklus untrennbar mit der Bestimmung des Zielbilds, der aktuellen Situation und des nächsten Zwischenziels verbunden ist, damit das Verbesserungs-Kata langfristig im Unternehmen etabliert wird. Nur mit der klaren, stetigen Orientierung am Zielbild und ständigen Neuausrichtung an den Zwischenzielen lässt sich dauerhaft hohes Verständnis und Motivation bei Mitarbeitern und Führungskräften erreichen.

Sowohl den Weg durch Vorbereitung wie auch die Durchführung des PDCA-Zyklus geht der Mitarbeiter nicht allein. Hier kommt das begleitende Coaching-Kata ins Spiel. Häufig von der Führungskraft verantwortet, dreht sich dieses um die Beobachtung, Unterstützung, Überprüfung und (falls notwendig) die Korrektur des Mitarbeiters, der das Verbesserungs-Kata durchführt. So wird sichergestellt, dass Mitarbeiter nicht unbewusst in alte Arbeitsweisen zurückfallen, sondern methodisch sauber arbeiten. Dies geschieht in einem engen, täglichen Austausch zwischen Mitarbeiter und Führungskraft.

Während der Festlegung des Zielbilds, der Bestimmung der aktuellen Situation und des nächsten Zwischenziels gibt die Führungskraft das methodische Vorgehen vor und unterstützt bei Bedarf. Während der laufenden PDCA-Zyklen stehen in den täglichen Meetings aktuelle Herausforderungen, bisherige Erkenntnisse und die nächsten geplanten Schritte im Mittelpunkt. Entsprechend dem Gemba-Prinzip ist es dabei sinnvoll, diese Meetings direkt am Ort der Verbesserung durchzuführen. Auch die passende Visualisierung des erreichten Fortschrittes und der bestehenden Ziele erleichtert das Vorgehen. Für diese täglichen Meetings stehen den Führungskräften festgelegte Fragen zur Verfügung, mit denen sie die Steuerung der Mitarbeiter strukturieren.

Die Coaching-Beziehung existiert dabei nicht nur zwischen Mitarbeiter und Vorgesetztem. Der Coaching-Ansatz zieht sich kaskadenartig bis in die Ebenen des oberen Managements durch, womit die gesamte Organisation Problemlösung betreibt und sich kontinuierlich weiterentwickelt. Bei Einführung des Kata kann es zudem sinnvoll sein, Methodenexperten (beispielsweise in Form des KVP-Teams) als Coaching-Verantwortliche heranzuziehen.

Das Coaching-Kata ist zuletzt vom allgemein bekannten Coaching abzugrenzen. Im Gegensatz zu diesem dauert das Coaching-Kata meist nur wenige Minuten und ähnelt eher einem Status-Update als einer tiefgreifenden Auseinandersetzung mit Themen des Coachees.

 

Mehrwert

 

Das Toyota Kata bietet dem Unternehmen einen kontinuierlichen Prozess der Verbesserung, der von allen beteiligten Mitarbeitern vorangetrieben wird. Während in vielen Unternehmen Verbesserung und Problemlösung nur bei akuten Herausforderungen durch ausgewählte Verantwortliche durchgeführt wird, befassen sich Mitarbeiter im Rahmen des Toyota Kata täglich im gesamten Unternehmen mit der kontinuierlichen Verbesserung. Sie orientieren sich dabei an einer klaren Struktur und entwickeln stetig die eigene Problemlösungskompetenz weiter. In der Summe werden Mitarbeiter, Führungskräfte und somit die gesamte Organisation immer stärker befähigt, auf zukünftige Herausforderungen zu reagieren.

Während sich die Mitarbeiter im Rahmen des Verbesserungs-Kata stets auf den nächsten Schritt fokussieren können, werden sie durch das iterative Vorgehen von den Führungskräften begleitet und abgesichert. Auch wenn diese Führungskräfte teilweise noch nicht versiert darin sind, ihre Mitarbeiter zu stetigen Verbesserungen anzuleiten, erhalten sie über die Methode einen einfach nachvollziehbaren Leitfaden an die Hand.