Überblick
Die Prozesslandkarte ist ein zentrales Instrument innerhalb von Operational Excellence (OpEx), das Unternehmen dabei unterstützt, ihre Geschäftsprozesse systematisch darzustellen, zu strukturieren und zu verbessern. Sie ist ein wichtiges Werkzeug, um Wertschöpfungsketten transparent zu machen, Schnittstellen zwischen Abteilungen klar zu definieren und die Grundlage für kontinuierliche Verbesserungsprozesse (KVP) zu bilden.
Eine Prozesslandkarte visualisiert alle relevanten Prozesse eines Unternehmens auf einer übersichtlichen Ebene. Damit bietet sie nicht nur Orientierung, sondern auch eine gemeinsame Kommunikationsbasis für Mitarbeiter, Führungskräfte und externe Partner. Alle Prozessbeteiligten erhalten Klarheit darüber, welche Erwartungen an ihren jeweiligen Prozess gestellt werden.
Gerade in OpEx-Initiativen dient die Prozesslandkarte als strategisches Steuerungsinstrument: Sie verbindet die Unternehmensstrategie mit der operativen Umsetzung und macht deutlich, welche Prozesse direkten Einfluss auf die Wertschöpfung, die Effizienz und die Kundenzufriedenheit haben.
Die Prozesslandkarte kann sowohl die Darstellung von Ist-Prozessen (als Resultat einer Prozessanalyse) als auch die von Soll-Prozessen (als Resultat eines Prozessredesigns) enthalten. Durch die Umsetzung von Verbesserungsideen entwickelt sich der Ist-Prozess in Richtung des Solls.
Die Darstellung der Prozesse in der Prozesslandkarte erfolgt in der Regel mit einem Swimlane-Diagramm. Sollen zusätzlich Informationen über In- und Output visualisiert werden, bietet sich die Prozessdarstellung in Form des SIPOC an. Die Erfüllung von Kundenanforderungen kann durch die an Schnittstellen zwischen zwei Prozessen übermittelten Informationen mit Hilfe von Criticals to Quality (CTQ) analysiert werden.
Konzept
Unternehmen ordnen ihre Aktivitäten und Prozessketten in einer logischen Struktur, um Klarheit über Abhängigkeiten und Verantwortlichkeiten zu schaffen. Das Konzept der Prozesslandkarte basiert auf einer dreistufigen Darstellung der Geschäftsprozesse.
Zu Management- oder Führungsprozessen zählen strategische Aufgaben wie Unternehmensplanung, Qualitätsmanagement, Innovationen oder Risikomanagement. Diese Prozesse haben keinen direkten Kundenzugang, steuern aber maßgeblich die Richtung des Unternehmens.
Die Kernprozesse umfassen sämtliche wertschöpfenden Aktivitäten – von der Produktentwicklung über die Beschaffung und Produktion bis hin zur Auslieferung und Kundenbetreuung. Sie stehen im direkten Zusammenhang mit den Kundenanforderungen und sind entscheidend für den Markterfolg.
In die Kategorie „Support- oder Unterstützungsprozesse“ fallen beispielsweise IT-Services, Personalmanagement oder Finanzbuchhaltung. Sie tragen nicht unmittelbar zur Wertschöpfung bei, schaffen aber die Voraussetzungen für effiziente und reibungslose Kernprozesse.
Im Rahmen von Operational Excellence bildet die Prozesslandkarte die Grundlage für die maßgeblichen methodischen Ansätze Lean Management, Six Sigma und Supply Chain Management. Dabei erfüllt sie – über die reine grafische Darstellung hinaus – verschiedene Funktionen.
In ihrer Analysefunktion dient sie der Identifikation und Visualisierung von Engpässen, Verschwendungen (wie z. B. Prozessbrüchen, Doppelarbeiten), Messstellen etc. Erfolgshebel ist hier, dass der Ist-Prozess vor Ort unter Einbeziehung der Maschinenführer und | oder der Sachbearbeiter in eine Ist-Prozesslandkarte überführt wird, die die Realität zutreffend beschreibt (keinesfalls vorliegende Prozesslandkarten verwenden, deren Entstehungsgeschichte unklar ist).
Außerdem wirkt sie als Kommunikationsinstrument, um gemeinsames Verständnis für Prozessabläufe innerhalb von Teams und zwischen Abteilungen herzustellen.
Als Soll-Prozesslandkarte (Prozessanalyse und -redesign) übernimmt sie eine Steuerungsfunktion, um die operativen Prozesse an den Unternehmenszielen und strategischen Vorgaben auszurichten.
Schließlich bildet sie als Dokumentation die Basis für Audits, Zertifizierungen (z. B. ISO 9001) und kontinuierliche Verbesserungsprojekte, aber auch für das Onboarding und Training neuer Mitarbeiter. Weiterhin lässt sich die Prozesslandkarte für das Wissensmanagement im Unternehmen einsetzen durch das Verknüpfen der dokumentierten Aktivitäten mit Arbeitsanweisungen, Skill-Matrix, RASCI-Matrix, Kontrollplänen, OCAPs etc.
Ein praktisches Beispiel: Ein mittelständisches Maschinenbauunternehmen erstellt eine Prozesslandkarte, um die Schnittstellen zwischen Konstruktion, Fertigung und Vertrieb zu analysieren. Dabei wird sichtbar, dass Auftragsänderungen häufig zu Verzögerungen in der Fertigung führen. Durch eine Anpassung der Übergabepunkte und eine standardisierte Kommunikation zwischen den Abteilungen können Durchlaufzeiten reduziert und Fehlerraten gesenkt werden.
Mehrwert
Der Einsatz einer Prozesslandkarte im Rahmen von Operational Excellence bringt vielfältige Vorteile für produzierende Unternehmen.
Durch die geschaffene Transparenz verstehen Mitarbeiter auf allen Ebenen besser, wie ihre Tätigkeiten in den Gesamtprozess eingebettet sind. Dies fördert Prozessbewusstsein und reduziert Missverständnisse.
Durch die Visualisierung von Abläufen lassen sich Verschwendungen nach Lean-Prinzipien leichter identifizieren und eliminieren, so dass Prozesseffektivität und -effizienz steigen.
Indem im Rahmen des Prozessredesigns auch Soll-Prozesse dargestellt werden, wird deutlich gemacht, welche Prozesse für die Erreichung strategischer Ziele optimiert werden müssen. So wird die Priorisierung von Verbesserungsprojekten erleichtert und die Umsetzung der Unternehmensstrategie gesichert.
Optimierte Kernprozesse führen zu kürzeren Lieferzeiten, höherer Produktqualität und einem verbesserten Service – entscheidende Faktoren im globalen Wettbewerb, um die Kundenzufriedenheit zu erhöhen und Kunden so ans Unternehmen zu binden.
Um Normen und Standards zu erfüllen und so als Unternehmen, v. a. im Hinblick auf Qualitätsmanagement, zertifiziert werden zu können, ist eine strukturierte Prozessdarstellung erforderlich. Eine Prozesslandkarte erfüllt diese Anforderung.
Zur Unterstützung des Change Managements in Transformationsprojekten dient die Prozesslandkarte als visuelles Hilfsmittel, um Mitarbeiter mitzunehmen, Widerstände abzubauen und ein gemeinsames Zielbild zu entwickeln.
Somit ist die Prozesslandkarte weit mehr als ein statisches Schaubild. Sie ist ein „lebendes“, d. h. bei zielgerichteter Verwendung einer permanenten, gelenkten Veränderung unterzogenes Dokument, das den kontinuierlichen Verbesserungsprozess unterstützt, die Grundlage für Datenanalyse und Kennzahlensteuerung schafft und als Kompass für Operational Excellence dient. Für produzierende Industrieunternehmen bedeutet das: Klarheit, Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit.