Im DMAIC-Kreis von Six Sigma ist der „Out of Control Action Plan“ oder kurz OCAP ein fester Bestandteil der letzten Phase, der Control-Phase. Dabei sorgt ein OCAP für klare Handlungsanweisungen in Notsituationen, weshalb der OCAP auch schlicht als Notfallplan übersetzt werden kann.
Klingt extrem langweilig. Ein Notfallplan. Doch viele kennen das Prozedere aus dem Alltag. Sei es bei einer Feuerübung in der Schule oder bei der Sicherheitseinweisung im Flugzeug.
Bewahren Sie einen kühlen Kopf
Vor allem in der Flugzeugindustrie sind unzählige Notfallpläne unausweichlich. Für die Piloten, die Flugbegleiter und sogar für die Passagiere. Es gibt für jede Notsituation ein konkretes Vorgehen. Im Falle eines Sauerstoffabfalls, technischer Probleme oder einer Notlandung. Man arbeitet Standards ab, um brenzlige Situationen mit einem kühlen Kopf zu entschärfen. Ein typisches Beispiel für einen OCAP aus einer Industrie mit sehr hohen Sicherheitsanforderungen. Auch in vergleichbar sicherheitsrelevanten Branchen und Bereichen wie beispielsweise der Kernenergie, im Medizin- und Pharmabereich oder im Heimatschutz sind solche Notfallpläne wie im Beispiel aus New York bekannt und finden dort ihre Anwendung.
Natürlich ist es immer auch die Erfahrung von einzelnen Teams oder Personen, die brenzlige Situationen entschärft. Doch selbst die besten Mitarbeiter machen Fehler. Abweichungen im Prozess sind Gift für Organisationen, solange dies nicht mit Absicht im Rahmen von Innovation und Business Development geschieht. Streuungen sind normal, doch wo und wie immer diese verringert werden können, sollte dies auch erfolgen. Denn Streuungen verursachen nicht nur hohe Kosten und eine schlechte Customer Experience, sondern sorgen in der eigenen Belegschaft regelmäßig für Frustration.
Daher sollte alles möglich gemacht werden, um genau diese Streuungen zu reduzieren. Die klassische Personalentwicklung ist hier sicherlich ein Weg, autonome Fehlervermeidung ein anderer. Und so reiht sich auch der OCAP ein in die Liste möglicher Hebel, mit denen sich Auswirkungen von Streuung reduzieren lassen.
Nervtötenden Gründlichkeit gegen Unwägbarkeiten
Erstellt wird ein OCAP wie ein Wenn-dann-Baum. Wenn eine Anlage nicht funktioniert, dann prüfe zunächst die Stromversorgung. Reicht dies nicht, so fahre die Anlage herunter und wieder rauf. Ein Notfallplan sorgt also für klar definierte und idealerweise auch trainierte Aufgaben. Bei jeder Verzweigung werden auch Verantwortlichkeiten zugewiesen. Wichtig bei der Erstellung von OCAPs ist es, dass es nicht „für eben viel“ gemacht wird, sondern mit einer nervtötenden Gründlichkeit, die die wesentlichen Prozessabweichungen im Vorfeld bereits klar regelt. Dies gilt auch für die ein oder andere Unwägbarkeit, die passieren könnte. So lässt sich ein OCAP bei Bedarf gut mit einer vorherigen FMEA kombinieren.
Vielfach drücken sich Organisationen vor der Erstellung solcher klar definierten Notfallpläne. Dies steht meist in Abhängigkeit vom Reifegrad einer Organisation. Hoch entwickelte und effiziente Organisationen haben bereits deutlich mehr OCAPs implementiert als solche, bei denen eher das Feuerwehrmanagement regiert. Ganz wesentlich ist es, die OCAPs nicht nur zu erstellen und zu dokumentieren. Vielmehr braucht es eine wirksame Strategie, die Notfallpläne auch in die Praxis zu bringen.
Vermittlung prozessualer Kompetenzen für mehr Akzeptanz
Hier zahlen sich vor allem zwei Faktoren immer wieder aus. Zum einen ist die Akzeptanz höher, wenn die Organisation im Rahmen von Kaizens die Pläne selbst erstellt hat. Und zum anderen hilft die strukturierte Vermittlung von prozessualen Kompetenzen. Dies kann wirksam in Form eines internen Trainingsprogramms geschehen, welches immer wieder für alle Kollegen gewisse Grundstrukturen der Anwendung von Prozessen vermittelt.
Leider wird der OCAP heute noch zu häufig ausgelassen. Es braucht keinen Methodendogmatismus. Nur muss einem bewusst sein, dass die Probleme nach dem Projekt schnell wieder zunehmen, wenn nicht zuvor ausgiebig über die langfristige Erfolgswirksamkeit nachgedacht wurde. Genau hier ist die exakte Definition von Verantwortlichkeiten notwendig. Wir empfehlen deshalb dringend, sich mit den OCAPs auseinanderzusetzen.