So populistisch der Titel auch sein mag, so sehr trifft er dennoch oft einen wahren Kern. Ob Unternehmen des Mittelstands oder Weltkonzern, immer wieder hält kaum ein Messsystem einer Überprüfung, der Messsystemanalyse, stand. Dabei sollten doch vor allem Zahlen, Daten und Fakten die Grundlage für unternehmerische Entscheidungen sein. In der Realität findet dies aber oft nicht statt. Vielmehr wird eine Schutzmauer scheinheiliger Argumente aufgebaut, um ja nicht selbst tätig werden zu müssen. Faulheit, Ignoranz und dreiste Eigennutzoptimierung sind leider auch heute noch Kennzeichen vieler Akteure. Daher ist ein funktionierendes Kennzahlensystem als Grundlage eines effizienten Steuerungssystem absolut erfolgsentscheidend.

Dabei ist ein Verdrehen von Zahlen sehr schade. Man vergibt sich so unglaublich viel als Organisation und setzt sich unnötiger Gefahren aus. Wer würde schon gerne in eine Großraumflugzeug steigen, in dem die Messgeräte falsche Werte anzeigen? Dennoch ist dies in Organisationen eher die Regel als die Ausnahme. Es ist halt für den einzelnen unschön auf einmal transparent und vergleichbar zu werden. Das fordert man dann lieber vom Kollegen als sich selbst ein.

Um nicht komplett im Sarkasmus zu verfallen, soll anhand von Beispielen ins Konkrete gegangen werden. Ein sehr beliebtes Schauspiel ist das Management anhand von minimalen Stichproben, die keiner statistischen Grundregel standhalten. So werden mal ein oder zwei Stichproben gezogen, angeschaut und als Basis für endlose, meist nicht lösungsorientierte Diskussionen genutzt. Leider ist dies keine Seltenheit. Vereinzelt lassen sich sogar Qualitätsabteilungen zu dieser unsäglichen Praxis verleiten. Ein statisch sauberer Versuchsaufbau kostet halt Zeit und Energie.

Ein weiteres Problem ist die komplette Abwesenheit von regelmäßigen Messsystemanalysen. Diese sind absolut notwendig, um sicherzustellen, dass die angezeigten Werte nicht durch Fehler der Messung selbst verursacht werden, sondern die Werte auch den realen Daten entsprechen. Im Unterschied zur bewussten Zahlenmanipulation, liegt hier in den meisten Fällen ein Nichtwissen über die entsprechenden Managementmethoden vor. In vielen Fällen ist es auch einfach Unwissenheit über den Aufbau von fähigen Messsystemen. Hier kann aber der betroffenen Organisationen geholfen werden. Es muss halt nur einmal angepackt werden.

Nervenaufreibend wird es allerdings, wenn Kennzahlenverantwortliche bewusst die Datenerhebung manipulieren. So wird gerne mal eine Anlagenstörung erst ab einer gewissen Dauer gemeldet, da man sonst zu viele kurze Störungen hätte. Oder eine Instandhaltungsschicht wird auf „Stillstand“ gebucht. Dann sieht der Anteil produktiver Zeit doch gleich viel besser aus. Sinnvoll ist das nicht! Wird nämlich die Instandhaltungsschicht, die ja schließlich auch Kosten verursacht, nicht mit aufgenommen, dann fällt dies auch aus den Optimierungsbetrachtungen heraus. Der Vorstand sieht im Kennzahlensystem die Entwicklungen nicht und es geht weiter wie immer. Dabei könnte an dieser Stelle durch Total Productive Maintenance einiges an Verbesserungen erzielt werden.

Gleiches gilt für den Aufbau von Steuerungssystemen wie der Balanced Scorecard. Wenn dies nicht von aller oberster Stelle mit politischem Nachdruck eingeführt wird, landet man in einem klassischen Gefangenendilemma. Da wird dann so lange an den Kennzahlen diskutiert, bis von vorne herein alle Werte bereits auf grün stehen. Aufgabe erfüllt – wir sind ja schon perfekt!

Daher ist es erstaunlich wie oft Vorstände und Geschäftsführer dieses Thema außen vor lassen. Es ist doch die Grundlage wirksamer Steuerung, die schließlich von einer Kommandobrücke ausgehen sollte. Neben der Mutwilligkeit ist vor allem die Unkenntnis über wirklich gut funktionierende Systeme immer noch einer der Gründe. Es ist keine Schande etwas nicht zu können. Es ist nur absolut verwerflich, es nicht zumindest zu probieren!