Überblick

 

Value Engineering, auf Deutsch auch als Wertanalyse bekannt, ist ein systematischer und strukturierter Ansatz, der darauf abzielt, die Funktionalität eines Produkts, Systems oder Prozesses zu optimieren, während gleichzeitig die Kosten gesenkt werden. Das Ziel von Value Engineering ist es, den Wert eines Produkts zu maximieren, indem unnötige Kosten eliminiert werden, ohne die Qualität, Leistung oder Funktionalität zu beeinträchtigen. Der Begriff “Wert” im Kontext des Value Engineering bezieht sich auf das Verhältnis zwischen der Funktion eines Produkts und seinen Kosten.

Value Engineering wurde ursprünglich in den 1940er Jahren von Lawrence Miles bei General Electric entwickelt und hat seitdem in verschiedenen Branchen Anwendung gefunden, darunter im Bauwesen, in der Fertigung, im Ingenieurwesen und im öffentlichen Sektor. Durch den Einsatz von Value Engineering können Unternehmen und Organisationen ihre Wettbewerbsfähigkeit steigern, indem sie kosteneffiziente und qualitativ hochwertige Produkte und Dienstleistungen anbieten.

 

Konzept

 

Das Konzept des Value Engineering basiert auf einer systematischen Analyse der Funktionen eines Produkts oder Prozesses, um Möglichkeiten zur Kostenreduzierung und Wertsteigerung zu identifizieren. Der Value Engineering-Prozess besteht aus mehreren Schritten, die darauf abzielen, die wichtigsten Funktionen zu definieren, alternative Lösungen zu entwickeln und die besten Alternativen auszuwählen. Diese Schritte umfassen typischerweise eine Vorbereitungsphase, eine Analysephase, eine Kreativitätsphase, eine Bewertungsphase und eine Implementierungsphase.

 

Schritte des Value Engineering:

  1. Vorbereitungsphase: In der Vorbereitungsphase werden die Ziele und der Umfang des Value Engineering-Projekts festgelegt. Es wird ein multidisziplinäres Team zusammengestellt, das aus Experten aus verschiedenen Bereichen besteht, um eine umfassende Analyse des Produkts oder Prozesses zu gewährleisten. Zu diesem Zeitpunkt werden auch relevante Daten und Informationen gesammelt, um eine fundierte Analyse zu ermöglichen.
  2. Analysephase: Die Analysephase konzentriert sich auf das Verständnis der Funktionen des Produkts oder Prozesses. Jede Funktion wird detailliert beschrieben und hinsichtlich ihrer Bedeutung und Kosten analysiert. Hierbei wird die Funktion-Analyse-Technik angewendet, bei der Funktionen in grundsätzliche (Haupt-) und sekundäre (Neben-) Funktionen unterteilt werden. Ziel ist es, die Funktionen zu identifizieren, die entscheidend für den Erfolg des Produkts sind, und diejenigen, die verbessert oder eliminiert werden können.
  3. Kreativitätsphase: In der Kreativitätsphase werden alternative Lösungen und Ideen zur Erfüllung der identifizierten Funktionen entwickelt. Diese Phase erfordert kreatives Denken und Brainstorming, um innovative Ansätze zu finden, die die Funktionalität verbessern und die Kosten senken können. Es wird eine Vielzahl von Ideen generiert, ohne sie sofort zu bewerten oder zu kritisieren.
  4. Bewertungsphase: In der Bewertungsphase werden die in der Kreativitätsphase entwickelten Ideen analysiert und bewertet. Die Bewertung erfolgt anhand von Kriterien wie Kosteneffizienz, Durchführbarkeit, Qualität und Auswirkungen auf die Funktionalität. Ziel ist es, die besten Alternativen auszuwählen, die den höchsten Wert bieten, d.h. die beste Balance zwischen Kosten und Funktionalität.
  5. Implementierungsphase: Die ausgewählten Alternativen werden in der Implementierungsphase in die Praxis umgesetzt. Dies umfasst die Planung und Durchführung der notwendigen Änderungen im Design, in der Produktion oder im Prozess. Es werden auch Maßnahmen zur Überwachung und Kontrolle eingeführt, um sicherzustellen, dass die erwarteten Kosteneinsparungen und Verbesserungen tatsächlich erreicht werden.

 

In der Fertigung kann Value Engineering beispielsweise verwendet werden, um die Produktionskosten zu senken, indem Prozesse rationalisiert oder alternative Materialien verwendet werden. Ein Beispiel wäre die Umstellung auf ein kostengünstigeres Material, das die gleichen Leistungsanforderungen erfüllt. Oder es wird das Produkt so umgestellt, dass Eigenschaften, die vielleicht Liebhaberein von Entwicklungsingenieuren sind, die aber der Kunde gar nicht haben will, entsprechend herausgenommen werden aus den Produkteigenschaften selbst. Hier geht es ganz stark darum zu verstehen, für was der Kunde eigentlich bereit ist zu zahlen. Dies kann mit Methoden wie dem Design Thinking, der Voice of the Customer oder einer Empathy Map erzielt werden.

 

Mehrwert

 

Der Einsatz von Value Engineering bietet zahlreiche Vorteile für Unternehmen und Organisationen:

  1. Kostenreduktion: Durch die systematische Analyse von Funktionen und die Identifizierung von Einsparpotenzialen können erhebliche Kostenreduzierungen erzielt werden. Dies führt zu einer verbesserten Rentabilität und Wettbewerbsfähigkeit.
  2. Verbesserte Qualität und Leistung: Value Engineering zielt darauf ab, die Funktionalität und Qualität eines Produkts zu maximieren. Dies führt zu Produkten und Dienstleistungen, die besser auf die Bedürfnisse der Kunden abgestimmt sind und eine höhere Kundenzufriedenheit bieten.
  3. Innovation und Kreativität: Die Kreativitätsphase des Value Engineering-Prozesses fördert innovative Ansätze und kreative Problemlösungen. Dies kann zu neuen und besseren Wegen führen, um Produkte zu entwickeln und Prozesse zu gestalten.
  4. Risikominimierung: Durch die gründliche Analyse von Funktionen und Alternativen können potenzielle Risiken frühzeitig erkannt und gemindert werden. Dies trägt zur Stabilität und Zuverlässigkeit der Produkte bei.
  5. Nachhaltigkeit: Value Engineering kann auch zur Förderung der Nachhaltigkeit beitragen, indem umweltfreundliche Materialien und Prozesse identifiziert und implementiert werden. Dies ist besonders wichtig in Branchen, die unter Druck stehen, ihre ökologischen Fußabdrücke zu reduzieren.
  6. Förderung der Teamarbeit: Value Engineering ist ein interdisziplinärer Ansatz, der die Zusammenarbeit und den Wissensaustausch zwischen verschiedenen Abteilungen und Fachbereichen fördert. Dies stärkt das Teamgefühl und verbessert die Gesamteffizienz.

 

Trotz der vielen Vorteile gibt es auch Herausforderungen beim Einsatz von Value Engineering:

  1. Kultureller Widerstand: Die Einführung von Value Engineering erfordert oft einen kulturellen Wandel in der Organisation. Mitarbeiter und Manager müssen offen für Veränderungen und neue Ansätze sein, was auf Widerstand stoßen kann. Gerade in deutschen Firmen gibt es einen geradezu regelrechten Produkteigenschaften-Fetisch. Es wird sich nicht selten extrem auf technische Spielereien versteift statt wirklich vom Kunden heraus zu denken.
  2. Zeit- und Ressourcenaufwand: Die Durchführung einer umfassenden Value Engineering-Analyse erfordert Zeit und Ressourcen. Es ist wichtig, dass Unternehmen diese Investition als langfristige Strategie zur Verbesserung ihrer Produkte und Prozesse betrachten.
  3. Sicherstellung der Funktionalität: Bei der Kostensenkung ist es entscheidend, die Kernfunktionen eines Produkts oder Prozesses nicht zu gefährden. Eine zu starke Fokussierung auf Kostensenkungen könnte die Qualität und Leistung beeinträchtigen.
  4. Kontinuierliche Anpassung: Da sich Marktbedingungen und Technologien ständig ändern, müssen Value Engineering-Prozesse regelmäßig überprüft und aktualisiert werden, um weiterhin relevant zu bleiben.

 

Value Engineering ist eine erprobte Vorgehensweise zur Maximierung des Wertes von Produkten, Systemen und Prozessen. Durch die systematische Analyse und Optimierung von Funktionen können Unternehmen ihre Kosten senken, die Qualität verbessern und ihre Wettbewerbsfähigkeit steigern. Trotz der Herausforderungen, die mit der Implementierung von Value Engineering verbunden sind, bieten die langfristigen Vorteile eine solide Grundlage für nachhaltigen Erfolg. Mit einer strategischen Ausrichtung und einem offenen Innovationsgeist kann Value Engineering einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung von Unternehmenszielen leisten.