Übersicht

 

Der Begriff Fehlerkultur hat seinen Ursprung in den Sozial- und Wirtschaftswissenschaften und definiert die Vorgehensweise von Gesellschaften, Kulturen und Unternehmen im Umgang mit Fehlern, Fehlerrisiken und Fehlerfolgen. Immer wenn Menschen aufeinandertreffen und kooperieren, etabliert sich eine bestimmte Art und Weise, mit Fehlern umzugehen und damit eine spezifische Fehlerkultur. Bezogen auf Unternehmen ist die Fehlerkultur nahe der Organisationskultur anzusiedeln.

Viele Unternehmen gehen nicht positiv und konstruktiv mit Fehlern um. Gerade im Unternehmenskontext kommt es oftmals vor, dass Mitarbeiter für einen begangenen Fehler mit einer mündlichen Ermahnung, einer Rüge, Abmahnung oder gar Kündigung bestraft werden. Eine Fehlerkultur, die auf Bestrafung beruht, soll dazu führen, dass die Mitarbeiter weniger Fehler begehen. Es wird davon ausgegangen, dass Abschreckung und negative Impulse Lerneffekte hervorrufen. Mit der Angst vor Bestrafung sollen ein größeres Engagement, eine erhöhte Aufmerksamkeit und Sorgfalt einhergehen. Dies erweist sich in der Realität aber als Irrtum. Anstatt begangene Fehler zu reflektieren und zu analysieren, was aus diesen gelernt werden kann, schämen sich die Mitarbeiter oftmals für Fehler. Sie versuchen diese zu vertuschen, da sie sich vor Bestrafungen fürchten. Werden Mitarbeiter für Fehler gerügt, führt dies nicht zur Vermeidung von Fehlern oder gar zu einer Leistungssteigerung, sondern oftmals sogar zum Gegenteil. Denn wer Angst hat, einen Fehler zu begehen, dem passieren eher Missgeschicke. Und selbst wenn eine solche Fehlerkultur, die auf Bestrafung beruht, zu einer Anpassung der Mitarbeiter führt, dann passiert dies oftmals nicht im Sinne des Unternehmens. Aus Angst vor Fehlern wird keine Leistungssteigerung erzielt, sondern die Mitarbeiter agieren eher vorsichtig und zurückhaltend. Sie gehen kein Risiko ein und implementieren keine eigenen Ideen. In der Folge sinken die Produktivität und das Engagement. Wird die Fehlerkultur im Unternehmen nicht ernst genommen und die Chance verpasst, diese gezielt zu gestalten, fügt dies den Mitarbeitern und letztlich auch dem Unternehmen einen erheblichen Schaden zu.

 

Konzept

 

Eine offene Fehlerkultur wirkt dieser Gefahr entgegen. Sie beschreibt eine bestimmte Art und Weise, mit Fehlern umzugehen. In einer offenen Fehlerkultur werden Abweichungen als Chance zur Verbesserung begriffen und nicht als Anlass für Schuldzuweisungen. Es wird also nicht nach einem Schuldigen für den Fehler gesucht, sondern Fehler werden systematisch analysiert. So kann ermittelt werden, welche Ursachen zu dem Fehler geführt haben, wie wahrscheinlich ein erneutes Auftreten des Fehlers ist, was sich aus dem Fehler lernen lässt und wie ein ähnlicher Fehler in Zukunft zu vermeiden ist. Statt in der Vergangenheit zu verharren, wird der Blick nach vorne gerichtet. Verorten lässt sich eine offene Fehlerkultur im Bereich Human Resources Excellence.

Eine offene Fehlerkultur manifestiert sich in einem Kreislauf, der sich aus folgenden Punkten zusammensetzt:

Am Anfang steht die Identifikation von Fehlern, Ineffizienzen und Potentialen. Daran schließt sich die Ansprache identifizierter Verbesserungsmöglichkeiten im Team an. Hierauf folgt die Umsetzung der besprochenen Verbesserungsmaßnahmen. Es schließt sich eine gemeinsame Überlegung an, wie Prozesse zukünftig besser gemacht werden können.

Wann sorgt eine offene Fehlerkultur für Verbesserungen?

  • Wenn Verschwendung im Unternehmen nicht systematisch vermieden wird
  • Wenn methodische und soziale Kompetenzen ausbaufähig sind
  • Wenn Fehler unter den Teppich gekehrt werden
  • Wenn Schuldzuweisungen und Rechtfertigungen an der Tagesordnung sind

Bei einer gelebten Fehlerkultur sind nachfolgende Erfolgshebel entscheidend:

  • Es herrscht eine Kultur der Offenheit und des positiven Denkens
  • Fehler werden als Chance zur Verbesserung verstanden
  • Klare Spielregeln im Umgang miteinander werden eingehalten
  • Das Team strebt nach einer hohen Methodenkompetenz
  • Es wird kontinuierlich Feedback gegeben, ungeachtet der Position bzw. Stellung des Einzelnen
  • Führungskräfte leben die Kultur täglich vor

 

Mehrwert

 

Der Nutzen einer offenen Fehlerkultur zeigt sich in vielen Bereichen: anhand einer kontinuierlichen Verbesserung von Prozessen, einer schnellen Anpassung an veränderte Rahmenbedingungen und der Vermeidung von Verschwendung. Eine offene Fehlerkultur stärkt das gegenseitige Vertrauen, die unternehmerischen Ziele gemeinsam zu erreichen. Die Fehlerkultur als weicher Faktor eines Unternehmens beeinflusst wesentliche harte Faktoren wie Qualitätsstandards, Innovationspotential, Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit. Das liegt daran, dass der Umgang mit Fehlern einen direkten Einfluss auf die Leistungsfähigkeit eines Unternehmens hat. Deshalb werden produktive Fehlerstrategien als ein essentieller Wettbewerbsfaktor deklariert, wohingegen Gruppendruck und Konformität als kritische fehlerbegünstigende Einflussfaktoren angesehen werden.