Überblick
Benchmarking ermöglicht Unternehmen den strukturierten Vergleich mit anderen Organisationen. Aus den Ergebnissen lassen sich Rückschlüsse auf die eigene Leistungsfähigkeit und die Stellung im Marktumfeld ziehen.
Im weiteren Sinne beschreibt Benchmarking den kontinuierlichen Prozess der Selbstanalyse, des internen und externen Vergleiches und der Implementierung von Best Practices. Leistung und Vorgehensweisen von Vergleichsorganisationen stehen im Fokus. Ein Benchmark ist dementsprechend der beste Wert oder die beste Vorgehensweise, die sich aus dieser Untersuchung ergibt.
Konzept
Grundlegend gleicht das Benchmarking-Vorgehen einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess, der sich beispielsweise über den PDCA-Zyklus darstellen lässt.
Die notwendige Vorbereitung beginnt mit der Zusammenstellung des verantwortlichen Teams. Das Team entscheidet zuerst darüber, ob der Vergleich von Vorgehensweisen (Practices) oder von Leistung (Performance) im Mittelpunkt steht. Vorgehensweisen umfassen Strategien, Prozesse, Strukturen sowie Produkte und Dienstleistungen, während Leistung generell durch interne und externe KPI (Key Performance Indicators) vergleichbar wird.
Die Wahl ist relevant, da sie die Ergebnisse des Vergleichsprozesses eingrenzt. Der Leistungsvergleich liefert schnell und mit geringerem Aufwand den Überblick darüber, wo das eigene Unternehmen steht. Im Gegensatz zum Vergleich von Vorgehensweisen lässt sich so aber nur vereinzelt ableiten, wie die Höchstleistung erreicht werden kann.
Nach der Entscheidung über die Zielrichtung des Vergleichs steht die sorgfältige Validierung an der Tagesordnung. Ist der zu vergleichende Leistungsindikator oder die Vorgehensweise maßgeblich für die eigene Zielerreichung? Insbesondere bei der Gegenüberstellung von Leistungsindikatoren ist eine kritische Eigenanalyse notwendig: Entspricht die Berechnung interner Angaben gültigen Standards? Sind die Daten verlässlich und für die ausgewählten Vergleichszeiträume abrufbar? Zuletzt ist zu gewährleisten, dass die Aussagekraft des Vergleiches bereits zu Beginn durch interne Stakeholder validiert wird. Ein Beispiel ist das EBIT (Earnings before Interests and Taxes), welches sich zum Vergleich der operativen Unternehmensleistung anbietet. Die Verwendung dieser vermeintlich objektiven Kennzahl ist im Benchmarking allerdings kritisch zu hinterfragen. Ob und wie Vergleichsunternehmen nicht operative Ereignisse in die Berechnung einbeziehen, wird laut gängigen Rechnungslegungsstandards nicht vorgegeben und lässt sich nur schwer prüfen.
Um firmeninterne Benchmarking-Adressaten von der Aussagekraft des Vergleiches zu überzeugen, müssen also die verwendeten Leistungskennzahlen sauber durchdacht und mit Fingerspitzengefühl ausgewählt, angepasst und kommuniziert werden.
Haben die zu vergleichenden Leistungsindikatoren oder Vorgehensweisen die Eigenanalyse und die Validierung überstanden, folgt an nächster Stelle die Wahl von passenden Vergleichsunternehmen. In Frage kommen dafür Organisationen und Organisationseinheiten
- im gleichen Unternehmen oder Konzern
- innerhalb der eigenen Branche
- außerhalb der eigenen Branche
Die Wahl der passenden Vergleichsorganisation ist wesentlich davon abhängig, was verglichen werden soll. Obwohl der Vergleich von Vorgehensweisen mit branchengleichen Unternehmen als vielversprechend einzustufen ist, werden direkte Konkurrenten nur in seltenen Fällen einen Einblick in interne Abläufe gewähren. Entsprechend sind unternehmens- oder konzerninterne Vergleiche sowie die Kooperation mit branchenfremden Unternehmen erfolgversprechender.
Im letzten Schritt der Planung führt das Benchmarking-Team eine Voranalyse der gewählten Vergleichsunternehmen durch. Hier erfolgt eine erste Einschätzung darüber, ob und wie die Aussagekraft des Vergleiches eingeschränkt ist. Zusätzlich erarbeitet das Team im besten Fall Möglichkeiten, wie diese Einschränkungen zu umgehen sind.
Während der anschließenden Umsetzung nimmt das Team die Vorgehensweisen oder Leistungsindikatoren der Vergleichsunternehmen auf. Die Betrachtung von Vorgehensweisen unterscheidet sich im Ablauf, je nachdem, ob Best Practices in der Strategie, in Prozessen, in Strukturen oder in ausgewählten Produkten und Dienstleistungen vermutet werden. Stehen beispielsweise Prozesse im Fokus, bieten sich die Aufnahmen der Ist-Prozesse in Absprache mit den Verantwortlichen sowie die Prozessbegleitung vor Ort an. Handelt es sich hingegen um Leistungsindikatoren, hängt der Gang der Untersuchung davon ab, ob finanzielle oder nicht finanzielle Indikatoren zu vergleichen sind. Finanzielle Leistungsindikatoren sind beispielsweise extern einsehbare Finanzkennzahlen, die sich aus publizierten Periodenabschlüssen der Vergleichsunternehmen ergeben. Bei nicht finanziellen Leistungsindikatoren sind etwa die Mitarbeiterfluktuation oder der Bekanntheitsgrad von Marken Gegenstand des Vergleichs.
Nun steht die Analyse der Untersuchungsergebnisse in zwei Schritten an. Zuerst ist zu dokumentieren, wo die Unterschiede zu Vergleichsunternehmen am größten sind. Im zweiten Schritt der Analyse folgt die Identifikation aller Gründe, aus denen sich das eigene Unternehmen von Benchmarks unterscheidet.
Typischerweise endet das Performance-Benchmarking (das heißt der reine Vergleich von Leistungsindikatoren) mit dem ersten Schritt der Analyse, während sich im Best-Practice-Benchmarking (das heißt der Vergleich von Vorgehensweisen) nach der Ursachenforschung noch weitere Schritte anschließen.
So ergibt sich nach der Analyse das Aufstellen von Maßnahmenplänen. Diese verfolgen entweder das Ziel, Lücken zu schließen (wenn ein anderes Unternehmen den Benchmark stellt) oder zu vergrößern (wenn das eigene Unternehmen bereits Bestwerte erzielt). Dabei ist das umfassende Verständnis für die Übertragbarkeit von beobachteten Vorgehensweisen essentiell. Auch wenn ein unternehmensfremder Prozess im Benchmark glänzt, ist die Anpassung an die Bedingungen vor Ort für nachhaltige Ergebnisse unabdingbar.
Im letzten Schritt folgt die Implementierung der Maßnahmenpläne. Beispielsweise wird der Instandhaltungsprozess mit dem Best-Practice-Benchmark im Sinn erneuert, um die Verfügbarkeitszeit der eigenen Anlagen zu erhöhen. An dieser Stelle ist das Benchmarking aber nicht abgeschlossen. Um die Wirksamkeit der umgesetzten Maßnahmen zu prüfen, bietet sich in regelmäßigen Abständen der erneute Vergleich an. Um diesen zu optimieren, empfiehlt sich die sorgfältige Dokumentation und Rekalibrierung des Benchmarking in Absprache mit den Prozessbeteiligten und -adressaten.
Mehrwert
Benchmarking verspricht die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit über drei wesentliche Hebel. An erster Stelle stehen aussagekräftige Vergleichswerte, die Unternehmen eine Einordnung der eigenen Vorgehensweise und Leistung im gewählten Vergleichsumfeld liefern. Diese Vergleichswerte tragen an zweiter Stelle durch den realistischen „Blick über den Tellerrand“ zum unternehmerischen Lernprozess bei. An letzter Stelle lassen sich aus der Untersuchung von Vergleichsunternehmen direkt Erkenntnisse adaptieren, welche dem durchführenden Unternehmen zugutekommen.
Dem Nutzenversprechen gegenüber stehen mehrere Kritikpunkte. Zum einen ist stets zu hinterfragen, wie verlässlich die eigenen Analyse- und die fremden Untersuchungsergebnisse sind. Zum anderen ist die Vergleichbarkeit der Vorgehensweisen und Leistungsindikatoren zwischen Unternehmen oder Unternehmenseinheiten zu beachten. Aus den beiden genannten Gründen kann sich darüber hinaus die mangelnde Akzeptanz für Benchmarking-Implikationen im eigenen Unternehmen ergeben.
Ebenfalls kritisch zu hinterfragen ist die reine Orientierung an bereits vorhandenen Lösungen und Maßstäben. Mit der Akzeptanz eines Weges und der Grenze nach oben lassen sich selbstständiges, verantwortungsvolles Denken und der nachhaltige Wille zur Transformation aus eigener Kreativität und Kraft nicht im Unternehmen verankern.