Überblick

 

Der Begriff Industrie 4.0 ist eine deutsche Wortschöpfung und entstammt ursprünglich aus der 2011 aufgesetzten „Hightech-Strategie 2025“ der Bundesregierung. Aufgegriffen wurde der Begriff wieder im Rahmen des „Zukunftsprojektes Industrie 4.0“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), in dem es darum geht, die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit des Produktionsstandorts Deutschland abzusichern. Seitdem ist aus dem Begriff Industrie 4.0 ein gängiges Schlagwort im deutschen Sprachgebrauch geworden.

Ganz ähnliche Ansätze und Forschungsinitiativen existieren auch in vielen anderen Ländern, so zum Beispiel das „Industrial Internet Consortium“ in den USA.

Im Kern geht es bei dem Begriff Industrie 4.0 darum, die Möglichkeiten der Digitalisierung für die intelligente Vernetzung von Mensch und Maschine derart zu nutzen, dass eine sich selbst steuernde Produktion geschaffen wird. Oft fällt in diesem Zusammenhang auch der Begriff „smart factory“, was sich zu Deutsch mit „intelligente Fabrik“ übersetzen lässt. Mit Hilfe einer solchen intelligenten Fabrik sollen die Produktivität gesteigert und gleichzeitig Kosten gesenkt sowie eine Flexibilisierung der Fertigung erreicht werden.

 

Konzept

 

Der Name Industrie 4.0 soll das Potential zum Ausdruck bringen, dass die dahinter liegenden Entwicklungen die nächste, vierte industrielle Revolution einleiten können, und spielt damit auf die bisherigen großen industriellen Revolutionen in der Geschichtsschreibung an. Dabei lag der ersten industriellen Revolution die aufkommende Nutzung der Wasser- und Dampfkraft zur Mechanisierung der Produktion zum Ende des 18. Jahrhunderts zugrunde. Die zweite industrielle Revolution bezeichnet die Entwicklung von Fließband- und Massenproduktion zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Hinter der dritten industriellen Revolution, auch als digitale Revolution bekannt, verbirgt sich der ab den 1970er Jahren zunehmende Einsatz von Informationstechnologie, welcher zu einer verstärkten Automatisierung der Produktion führte.

Auch die Vision hinter Industrie 4.0 wird erst durch die zunehmende Digitalisierung unserer Welt möglich. Allerdings liegt der Fokus hier an anderer Stelle als bei der digitalen Revolution. Statt nur auf informationstechnologisch gestützte Automatisierung von Produktionsabläufen zu setzen, beschreibt Industrie 4.0 insbesondere die Entwicklung in Richtung einer umfassenden Vernetzung und Selbststeuerung.

Bei dem Stichwort Vernetzung geht es darum, alle an der Produktion beteiligten Akteure, das heißt Menschen, Maschinen, Anlagen und auch die Produkte selbst, sowie auch alle weiteren Partner entlang der kompletten Wertschöpfungskette in die Lage zu versetzen, miteinander Informationen auszutauschen. Statt die Produktionsanlage wie bisher zentral zu steuern, ermöglicht dieser Austausch von Informationen wiederum ein intelligentes Reagieren der unterschiedlichen Akteure aufeinander und somit eine dezentrale Selbststeuerung auf Basis von intelligenten Algorithmen.

In der intelligenten Fabrik der Zukunft kennt daher beispielsweise eine Maschine in der Produktion aufgrund der Vernetzung jederzeit den aktuellen Lagerbestand der von ihr benötigten Bauteile. Sobald dieser Bestand zur Neige geht, wird durch das System automatisch eine Bestellung beim zugehörigen Lieferanten abgegeben. Mittels autonomer, intelligenter Transportsysteme gelangen die Bauteile vom Lager bis hin zu der Anlage, an der sie weiterverarbeitet werden, ohne dass händisch eingegriffen werden muss. In gleichem Maße wird auch der Zustand der Maschine selbst kontinuierlich durch Sensoren überwacht und diese Informationen zum Beispiel mit der Instandhaltung geteilt, so dass notwendige Eingriffe oder Reparaturen frühzeitig durch das System erkannt und in den Produktionsablauf eingeplant werden können. Auch kurzfristig geänderte Kundenwünsche stellen für die intelligente Fabrik der Zukunft kein Problem dar. Dadurch notwendige Änderungen im Produktionsablauf werden einfach durch das System eigenständig eingeplant und das Produkt entsprechend durch den alternativen Fertigungsprozess geleitet.

Neben den vielen Bereicherungen bringen die Entwicklungen hinter Industrie 4.0 auch zahlreiche Herausforderungen mit sich. Dazu gehört zum Beispiel die technische Herausforderung, die Kommunikation an der Schnittstelle Mensch – Maschine optimal zu gestalten. Auch die Sicherstellung von Datenschutz und Datensicherheit wird mit ansteigender Menge an Daten und zunehmender Vernetzung immer komplexer. Neben derlei technischen und fachlichen Aspekten liegt eine der größten Herausforderungen jedoch in den veränderten Anforderungen an die Mitarbeiter. Viele Tätigkeitsgebiete in Produktion und Logistik, insbesondere solche mit hohem Routineanteil, werden durch intelligente Maschinen übernommen. Statt schwerer körperlicher und monotoner Arbeit werden nun die geistigen Fähigkeiten und Kompetenzen der Mitarbeiter gefordert und es entstehen neue Berufsbilder und Arbeitsfelder. Ähnliche Effekte sind auch in der Administration vorhanden, wo beispielsweise viele heute noch manuelle Datenverarbeitungsschritte zukünftig durch bessere Vernetzung der Systeme und automatisierte Datenverarbeitung abgelöst werden. Hier ist ein gutes Change Management erforderlich, damit die Mitarbeiter abgeholt und erfolgreich bei dieser Entwicklung mitgenommen werden.

 

Mehrwert

 

Die Mehrwerte von Industrie 4.0 sind zahlreich und teilweise zur aktuellen Zeit noch gar nicht im Detail absehbar. Gesteigerte Produktivität, zum Beispiel durch kürzere Produktionszyklen und optimale Auslastung von Kapazitäten sowie ein optimaler Warenfluss entlang der gesamten Wertschöpfungskette, gesteuert durch intelligente Algorithmen, sorgt bei gleichzeitiger Kostensenkung für eine erhöhte Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens. Indem individuelle Kundenwünsche in Echtzeit in der Produktion Beachtung finden, kann der Fokus auf die Kundenbedürfnisse auf ein ganz neues Level angehoben werden. Die intelligente Erfassung und insbesondere Auswertung der unzähligen Datenmengen bietet zusätzlich enormes Potential für Verbesserungen.