Transformation braucht Dynamik für die Veränderung. Nur ist ein dynamisches Mindset alles andere als weit verbreitet. An dieser Stelle geben wir Impulse, wie Veränderung im Rahmen von Excellence-Ansätzen dennoch funktionieren kann.
Excellence vs. Perfektionismus
Excellence ist nicht gleichzusetzen mit Perfektionismus. Letzterer strebt einen Zustand an, bei dem der Gipfel erreicht wird. Höher geht es nicht mehr. Perfekter wird es nicht. Aber das ist ein Ziel, das nicht selten von einem eigenen gestörten Selbstbild und dem Wunsch einer für einen selbst kritikfreien Welt herrührt. Und das kann nur dazu führen, dass es wieder bergab geht. Denn im Perfektionismus ist Entwicklung nicht möglich, höchstens im Streben hin zum Zustand der Perfektion, was aber eher mit Stress, Frust und Depression quittiert wird statt mit wirklicher Entwicklung, da permanent der Zustand des „Nicht-Genügens“ herrscht. Anders ist der Begriff der Excellence zu verstehen, einem Status des bewusst Imperfekten, in dem Respekt sowohl sich selbst („Ich bin gut“) als auch den Mitmenschen („Du bist gut“) als auch der Gruppe („Wir sind gut“) gezollt wird. Gepaart wird dies mit einem ganz entscheidenden Punkt: dem Willen, besser zu werden. Wir sind zwar alle gut, aber wir und jeder Einzelne kann sich verbessern.
Das Mindset ist kriegsentscheidend für Transformationsprogramme.
Glaube ich nicht an eine Verbesserung oder fehlt mir die Fantasie dazu, dass auch ein anderer Status quo möglich ist, so werde ich auch nicht in Richtung der Verbesserung laufen oder dies gezwungenermaßen nur sehr widerwillig vollziehen.
Ohne Mindset kein Erfolg
Wie viel hätte nicht schon alles von Individuen, Organisationen, Unternehmen und Staaten erreicht werden können, wenn doch bloß das Mindset stimmen würde. Sicherlich ist dieser Aspekt nur einer von vielen Transformationshebeln, aber er ist ein ganz entscheidender.
Und so ist es nicht verwunderlich, dass gerade Operational Excellence als Management-Ansatz dieses Mindset vertritt. So wird im OpEx immer von dem Duo aus der kontinuierlichen Verbesserung und der dynamischen Transformation gesprochen.
Dynamisches Denken erfordert es, sich auf etwas einzulassen.
Letztere ist ein kultureller Referenzanker, ein Zustand der Gelassenheit, eine Zuversicht, dass schon alles gut wird, auch wenn es mal nicht gut ist, weil der neue Entwicklungszustand einfach noch nicht erreicht ist. Dynamisches Denken erfordert es, sich auf etwas einzulassen, also die Bereitschaft zum eigenen Commitment durch die Transformation hindurch. Die stoische Ruhe außerhalb der eigenen Komfortzone bedarf der inneren Reife und diese bedingt sich, neben vielen anderen Faktoren, auch aus dem eigenen Umfeld heraus.
Und genau das macht Transformation teilweise so unfassbar schwer. Ein Individuum kann und will sich auf eine Transformation auch deshalb nicht einlassen, weil die Organisation – also das eigene Umfeld – kein oder nur wenig dynamisches Handeln zulässt, was wiederum jedes einzelne Mitglied dieser Organisation im eigenen Verhalten beeinflusst.
Lippenbekenntnisse sind im Management so zahlreich wie der Sand am Meer.
Der Weg aus dem Dilemma
Es gibt Wege aus diesem Teufelskreis hinaus, aber keine leichten. Es braucht die Reife der Akteure und der Organisation, damit Transformation effizient und vor allem ohne viel Drama ablaufen kann. Ein seltenes Phänomen.
Dabei ist der wichtigste Schritt zur Transformation zunächst die Einsicht in deren Notwendigkeit. Voraussetzung dafür sind Offenheit, Neugierde, Kritikfähigkeit und ein stabiles und reflektiertes Bewusstsein seiner selbst. An diesem Punkt waren wir ja bereits und das Dilemma beginnt somit früher als die Transformation selbst.
Fehlender Mut, mangelnde kognitive Reichweite, Angst vor dem Scheitern oder Fehlern, Ausreden (von „Keine Zeit“ bis „Schwierige Marktlage“) oder einfach nur die eigene Trägheit sind nur einige Beispiele, warum Excellence-Programme nicht angegangen werden. Häufig wird dann irgendwie herumgefrickelt, gerade noch so viel, dass ja etwas gemacht wird, um Aktion vorzuzeigen, aber auch nicht zu viel, um nicht an den Kern der eigenen Probleme heranzumüssen. Lippenbekenntnisse sind im Management so zahlreich wie der Sand am Meer und gerade deshalb braucht es zwingend klare Strukturen, stringente Führung, Entwicklung der Organisation und aller darin handelnder Personen.
Kein Kind läuft selbstständig ab Tag eins der Geburt.
Es kommt darauf an, anzufangen, um dann kontinuierlich und dynamisch die Herausforderungen anzugehen. Fehler und Sackgassen sind dabei auf diesem Weg selbst mit externer Begleitung vollkommen normal und gehören zur Entwicklung dazu. Kein Kind läuft selbstständig ab Tag eins der Geburt, sondern es fällt und steht wieder auf … fällt und steht wieder auf … fällt und steht wieder auf. Auch bei Organisationen ist das Geschrei dann immer groß, aber spätestens nach der dritten Transformationsbegleitung wird auch dies gelassener und als gegeben hingenommen. Kurz trösten und weiter gehts.
Die Drei Faktoren der Transformation
Welche Faktoren beeinflussen die Entwicklung einer dynamisch denkenden und agierenden Kultur ist nun die Frage. Auch diese Liste ist lang. Grundsätzlich helfen immer die drei Faktoren der Transformation: Leidensdruck, erste Schritte und eine Vision in absteigender Wirksamkeit. Aber selbst größter Leidensdruck sorgt nicht zwingend dafür, dass nun ein Excellence-Mindset einsetzt. Alte Handelsketten, etablierte Energiekonzerne oder die klassischen Geschäftsbanken als einige Beispiele haben gezeigt und zeigen immer wieder, wie weit die Organisation von einem kundenzentrierten und dynamischen Excellence-Mindset weg ist oder bis zum Untergang war. Nicht selten geht diese Transformationsunfähigkeit einher mit einem übersteigerten Selbstbild, was heute vor allem der Automobilindustrie sehr eigen ist.
Es braucht ein Feuer der Leidenschaft, um zu lernen und zu verstehen.
Es braucht also weit mehr als nur den Leidensdruck, die ersten Schritte und die Vision. Es braucht Menschen, die forschen und wissen, die wenigen Pioniere, die verrückt genug sind, sich auf Neues einzulassen auch ohne Vision, ohne Druck und ohne ein kleinteiliges Management, das nur auf Sichtweite agiert. Es braucht ein Feuer der Leidenschaft, um zu lernen und zu verstehen. Es braucht Raum für Entdeckungen. Und nein, dieser Raum ist eben nicht das ausgelagerte Hipster-New-Work-Start-up-Loft in Berlin, gerade weil es nur ausgelagert ist und die integrative Strahlkraft auf die Kultur des Mutterunternehmens fehlt. Aber dies ist einen eigenen Beitrag wert.
Es braucht auch gesellschaftlich eine Kultur des Aufbruchs, der Spannung, des Unternehmerischen. Aufstehen und losgehen. Es gibt noch viel zu tun und noch viel mehr zu erleben.