Überblick

 

Storytelling ist eine Methode der Kommunikation, die durch Personifikationen und beispielhafte Beschreibung ein bestimmtes Argument vermittelt oder ein Image unterstreicht. Unternehmen nutzen Storytelling beispielsweise, um ihre Vision und Mission greifbar zu machen und ihre Tätigkeiten auf diese Weise mit Sinn aufzuladen. Auch versuchen sie, durch das Storytelling zu bestimmten Aktionen zu bewegen.

Durch eine Geschichte über strategische Ziele oder Produkte sprechen Unternehmen externe Stakeholder wie Kunden, Lieferanten, Partner oder Geldgeber an. Auch eine allgemeine Öffentlichkeit lässt sich durch Storytelling adressieren und auf das Unternehmen aufmerksam machen. In dieser Sichtweise ist es eine Methode der klassischen Public Relations. Darüber hinaus ist die Vermittlung eines definierten Unternehmensbildes im Employer Branding relevant: Im Recruitingprozess kann eine gute Story ein starkes Argument für die Entscheidung von Bewerbern sein.

Von Unternehmen lässt sich Storytelling jedoch nicht nur in der Kommunikation nach außen verwenden. Auch intern zeigt sich die Methode wirksam. Durch ein wiederholtes Narrativ transportieren Unternehmen ihren Daseinszweck und ihre Werte in einer greifbaren Form. Damit ermöglicht es das Storytelling, Führungskräften und Mitarbeitern eine bestimmte Identität zu vermitteln, und trägt zur Sinnstiftung bei. Eine inspirierende Geschichte darüber, warum das Unternehmen tut, was es tut, wirkt motivierend. Denn dadurch verorten die Mitarbeiter ihre Aufgaben im Kontext dieser Story.

 

Konzept

 

Eine Geschichte – ob in erzählter oder schriftlicher Form – erhöht die Aufmerksamkeit und hat gegenüber einer rein sachlichen Argumentation mehrere Vorteile: Sie lässt sich leichter merken und bleibt länger im Gedächtnis; sie führt zu einer Identifikation des Publikums mit dem Protagonisten; sie wirkt inspirierend und motivierend.

Beim Storytelling kommt es daher nicht auf eine rationale und faktenbasierte Darstellung an. Tatsächlich ist es bei dieser Methode der Kommunikation üblich, einen wahren Kern mit fiktiven Elementen zu unterstreichen und dadurch mit einem bestimmten Subtext aufzuladen.

Den Kern jeder Story bildet ein definierter Handlungsablauf: Ausgangslage, Komplikation, Auflösung. Dabei beschreibt die Ausgangslage ein Ziel, das es zu erreichen gilt. Bei der Komplikation handelt es sich um einen oder mehrere Konflikte, die verhindern, dass sich das Ziel erreichen lässt. Die Auflösung erzählt davon, wie der Konflikt aufgehoben wurde und was sich daraus lernen lässt. Dieser letzte Punkt im Storytelling ist entscheidend für eine individuelle Erkenntnis und eine Identifikation.

Für einen solchen Aha-Effekt braucht die Story auch immer einen oder mehrere Protagonisten. Daran hat sich seit den klassischen Epen nichts geändert: Ein Held will ein Ziel erreichen, steht dabei vor großen Herausforderungen, überwindet sie am Ende und gelangt erfolgreich an sein Ziel. Damit sich das Publikum mit dem Helden der Geschichte identifiziert, ist seine Charakterisierung entscheidend. Die Adjektive, mit denen der Held beschrieben wird, machen den Unterschied. Jung, unerfahren, aber ambitioniert und aufrichtig – ein solches Selbstbild werden die meisten von sich selbst, zumindest in der Rückschau, haben. Aalglatt, wendehälsig und aufbrausend stehen dem diametral entgegen.

Die richtige Personenbeschreibung ist wichtig, da die Verbindung mit einer Story in den meisten Fällen über Identifikation mit dem Protagonisten der Geschichte funktioniert. Durch seine Verwicklung in die verschiedenen Geschehnisse der Geschichte entwickelt der Leser, Zuhörer, Zuschauer eine bestimmte Emotion für den Helden. Das kann geteilte Wut, eine Angstreaktion genauso wie ein Mithoffen oder -freuen und Begeisterung sein. Dadurch kann ein positiv gewerteter Ausgang einer Story dazu führen, dass ein Nacheifern erstrebenswert erscheint.

Eine Story benötigt also eine Figur, mit der sich der Rezipient identifizieren kann, eine Zwangslage (Konflikt), in dem sie sich befindet, und die Beschreibung der Befreiung aus der Lage. Für Unternehmen lässt sich dieser Dreischritt für das Storytelling fast immer am Beispiel der eigenen Gründung exerzieren: Ein oder mehrere ambitionierte Gründer sind verärgert über den Zustand in einer bestimmten Branche oder unzufrieden mit bestehenden Produkten und wollen dies mit ihrem Unternehmen ändern. Dabei stoßen sie auf Widerstände, die sie überwinden und letztlich mit besseren Produkten oder einem überlegenen Geschäftsmodell das ursächliche Problem lösen.

Das Storytelling ist nicht an eine bestimmte Form gebunden. Es kann als textliche Darstellung in einer klassischen Pressemeldung oder Unternehmensbeschreibung wirksam sein. Aber auch in Präsentationen ist es in mündlicher Form ein hilfreiches Mittel, um Aufmerksamkeit zu erzielen und die Zuhörer von einer bestimmten Sichtweise zu überzeugen. Genauso funktioniert es in Videos, Podcasts und anderen Formaten der Kommunikation. Häufig nutzen Unternehmen den Rahmen von Kundenmagazinen, um in Geschichten ein bestimmtes Bild von der eigenen Daseinsberechtigung zu entwerfen. Ebenso ist Storytelling ein wirksames Mittel im „Über uns“-Bereich einer Website.

 

Mehrwert

 

Storytelling greift immer dann, wenn ein Unternehmen eine Identifikation mit dem eigenen Tun oder den eigenen Werten erreichen will. Denn eine gute Geschichte wirkt motivierend sowie sinnstiftend und verursacht eine Handlung oder wohlgesonnene Einstellung. Diese Methode greift auf jeder Ebene der Unternehmensstruktur und ist für beinahe jeden Kontext geeignet. Geschichten zeichnen den Gründungsprozess nach, erzählen von der Relevanz bestimmter Projekte oder unterstreichen den Nutzen von Produkten. Storytelling ist immer weitaus wirksamer als eine reine Produktpräsentation. Auch gegenüber der rein argumentativen Darstellung von Vision und Mission ist das Geschichtenerzählen überlegen. Erst die Identifikation mit einem Protagonisten und eine spannende Handlung kann zu neuen Denkweisen anregen, Lösungen für Probleme aufzeigen und zu Änderungen des Verhaltens führen.

Daher gelingt es Unternehmen, mit Storytelling ein bestimmtes Image zu vermitteln. Mit der Methode lässt sich beeinflussen, wie Tätigkeitsfelder, Dienstleistungen oder Produkte von externen oder internen Stakeholdern wahrgenommen werden. Letztlich lassen sich so bestimmte gewünschte Handlungen – wie beispielsweise eine Kaufentscheidung – beeinflussen. Darüber hinaus wirkt Storytelling nach innen. Eine spannende Story motiviert Mitarbeiter, wenn sie sich mit ihr identifizieren oder sie inspirierend ist.

Neben dieser allgemeinen identitäts- und sinnstiftenden Funktion entfaltet Storytelling auch auf einer anderen Ebene Potential. So eignet es sich, um Mitarbeiter zu einem bestimmten Verhalten anzuregen. Verdeutlicht eine Story, wie wichtig beispielsweise Sorgsamkeit oder Detailtreue ist, verinnerlichen Mitarbeiter dies eher, als wenn sie eine abstrakte Arbeitsanweisung dazu lesen. Eine spannende Geschichte kann dazu dienen, dass der Sinn dieser Vorgaben verdeutlicht wird. Auch in diesem Sinne ist das Storytelling ein Stilmittel der Überzeugung.

Storytelling hat jedoch Grenzen: Es ersetzt keine Fakten und ein Zuviel an Geschichten wirkt im besten Falle abschweifend, im schlimmsten Szenario aufschneiderisch. Dadurch untergräbt es die Seriosität eines Unternehmens. Es ist mit einer guten Story alleine nicht getan – solide Fakten und klare Argumente bleiben die Basis, aufgrund derer sich der Wettbewerb entscheidet.