Übersicht

 

Makigami ist eine Methode zur ganzheitlichen Analyse von Unternehmensprozessen. Aus dem Japanischen ins Deutsche übersetzt, bedeutet das Wort Makigami schlicht Papierrolle. Der Begriff geht darauf zurück, dass die Visualisierung von Prozessen auf einer Metaplanwand erarbeitet und dargestellt wird, wodurch sich in der Praxis durchaus ganze Wände füllen können. Die Methode ist besonders zur ganzheitlichen Analyse von End-to-End- oder Kernprozessen von Unternehmen geeignet und kann deshalb als eine Art Vorstufe zur Wertstromanalyse betrachtet werden, weshalb sie häufig als Wertstromanalyse „light“ bezeichnet wird.

 

Typische Anwendungsfälle sind die Visualisierung, Analyse und anschließende Modellierung von Hauptprozessen in Unternehmen oder Abteilungen, um Verlust im administrativen Bereich aufzuzeigen. Besonders bei Prozessen, die viele Schnittstellen zwischen Unternehmensteilen oder Personen sowie häufige Medienbrüche aufweisen, lohnt sich eine genaue Betrachtung. Haupt- oder Kernprozesse sind beispielsweise der Durchlauf von der Kundenanfrage eines Produktes bis zur Fakturierung des Kundenauftrages oder auf Bereichsebene vom Erhalt eines Instandhaltungsauftrages bis zur Behebung der Störung.

 

 

Konzept

 

Wie bei jeder Prozessaufnahme bedarf es zu Beginn einer klaren Definition des Betrachtungsbereichs. Die Prozessgrenzen werden festgehalten. Wichtig an dieser Stelle ist die klare Fokussierung auf die richtige Flughöhe in der Betrachtung. Ansonsten besteht die Gefahr, dass sich das crossfunktionale Team zu sehr in Details verstrickt und den Gesamtprozess aus den Augen verliert. Das konsequente Beharren auf der Flughöhe lenkt den Fokus gezielt auf die wesentlichen Aspekte, schon bevor die Aufnahme beginnt.

 

Ist-Prozess aufnehmen und visualisieren

 

Die Aufnahme des definierten Prozesses – sei es nun der End-to-End- oder ein bereichsübergreifender Kernprozess – ist immer eine Mischung aus einer gezielten Sichtung bereits vorhandener Prozessvisualisierungen und aktiver Prozessaufnahme durch spezifische Interviews aller am Prozess Beteiligten. Gerade bei der Aufnahme und Visualisierung ist es von immenser Bedeutung, die tatsächlich in der Organisation ablaufenden und gelebten Prozesse sowie alle Prozessschritte aufzunehmen und sich nicht auf Beschreibungen hypothetischer Soll-Prozesse auszuruhen.

 

An dieser Stelle ist es deshalb besonders wertvoll, alles konsequent zu hinterfragen. Nur so entfaltet die Methode ihre volle Analysewucht und zeigt im späteren Verlauf echte Verbesserungspotentiale auf. Zu einer sauberen Prozessaufnahme gehören neben den einzelnen Prozessschritten auch die richtige und vollständige Reihenfolge der Schritte und die verantwortlichen oder ausführenden Bereiche. Im Grundgerüst einer Swimlane-Darstellung werden die Prozessschritte anschließend auf einer Brown-Paper-Wand visualisiert. Jedoch unterscheidet sich die Verknüpfung der Schritte grundlegend von derjenigen in einer Swimlane.

 

Die Informationsflüsse zwischen den Prozessschritten werden mit geraden Pfeilen dargestellt, welche farbig entweder grün oder rot markiert werden. Ein grüner Informationsfluss zwischen zwei Schritten verdeutlicht eine stabile Informationsübergabe, ein roter signalisiert Informationsbrüche, Schleifen oder gar fehlenden Informationsfluss. Die einzelnen Prozessschritte werden sukzessive mit farbigen Punkten versehen. Auch hier werden grüne und rote Farben verwendet. Ein grüner Punkt auf einem aufgenommenen Prozessschritt zeigt auf, dass in diesem Schritt großteils wertschöpfende Tätigkeit durchgeführt werden. Rote Punkte visualisieren stattdessen Prozessschritte, die vor allem Prozessverluste oder Verschwendungen beinhalten.

 

Zudem werden alle Dateninformationsträger ermittelt, die zur Verarbeitung von Informationen in den Prozessschritten sowie zur Informationsübermittlung verwendet werden. Sie werden unter der Prozesskette zu jedem einzelnen Schritt festgehalten. Zusätzlich zu den Datenträgern werden reine Bearbeitungszeiten sowie die Durchlaufzeiten der Informationen in den Prozessschritten aufgenommen, gemessen, visualisiert und auf einer Zeitachse dargestellt.

 

Mit diesem Schritt endet die Phase der Prozessaufnahme und deren Visualisierung. Alle während der Aufnahme identifizierten Probleme, Verluste oder Schmerzpunkte werden natürlich direkt erfasst, zu Papier gebracht und an entsprechender Stelle im Prozess dokumentiert und visualisiert. Neben der klassischen Prozessdarstellung in Swimlanes vervollständigt das Makigami also ein ganzheitliches Bild der Prozesse auf einer hohen Flugebene.

 

Schwachstellen und Verschwendungen identifizieren

 

Um eine klare Aussage über die Performance des Gesamtprozesses treffen zu können, werden sowohl die Anzahl unterschiedlicher Dateninformationsträger als auch die Gesamtdurchlauf- und Gesamtbearbeitungszeit aufsummiert und am Ende der Prozesskette dargestellt.

 

Soll-Prozess modellieren

 

Die alles leitende Frage bei der Modellierung eines Soll-Zustandes lautet:

Wie sieht ein verschwendungsfreier Prozess aus?

Daraus resultierend leiten sich folgende Zielzustände ab:

  • Ein Prozess weist keine Medienbrüche auf.
  • Die Bestände und Wartezeiten zwischen den Prozessschritten sind eliminiert.
  • Die Durchlaufzeiten sowohl in den Prozessschritten als auch im Gesamtprozess sind minimiert und am Kundentakt ausgerichtet.
  • Maximale Flexibilität bei maximalem Prozess-Output ist erreicht.
  • Die äußeren Einflussfaktoren, Rahmenbedingungen, Anforderungen von Lieferanten und Kunden sowie organisationseigene Bedarfe sind berücksichtigt.
  • Der Prozess ist robust gegen Störungen von außen.

Anhand dieses Idealbildes wird ein entsprechender Soll-Prozess modelliert und letztlich ebenso visuell dargestellt.

 

Maßnahmen zur Schließung der Lücke zwischen Soll- und Ist-Zustand ableiten

 

Im letzten Schritt werden geeignete Maßnahmen ermittelt und abgeleitet, die dazu führen, den derzeitigen Prozess kontinuierlich zu verbessern. Als Zielgröße der Optimierung dient dabei der modellierte Soll-Prozess. Ein Mittel zur Priorisierung entwickelter Maßnahmen kann dabei die Engpasstheorie darstellen. In manchen Fällen macht aber auch eine komplette Neugestaltung der Prozesskette, ein sogenanntes Redesign, Sinn.

 

 

Mehrwert

 

Durch die visuelle Darstellung des gesamten Kernprozesses auf einer „Papierrolle“ und die Einbeziehung von Kennzahlen wie Durchlauf- und Bearbeitungszeiten werden sehr schnell Engpässe und Verschwendungen offensichtlich. Diese Übersichtlichkeit macht es einfach, ein gemeinsames Verständnis für Prozesse, aber eben auch für die besagten Problemstellungen herbeizuführen, so dass eine tragfähige Diskussionsgrundlage entsteht. Weiterhin ermöglicht es diese Transparenz, große Hebel zur Prozessverbesserung anzugehen, ohne dabei in das durchaus bekannte Muster von Insellösungen abzudriften. Es wird also schlussendlich vermieden, dass eine Optimierung von Teilprozessen keine positive Auswirkung auf den Gesamtprozess hat. Das Gesamtbild bleibt immer im Blick.

 

Die Grenzen der Methodenanwendung finden sich schließlich darin, dass parallel ablaufende Prozesse oder Prozessschritte nur sehr schwer abzubilden sind. Kern- oder Hauptprozesse in einem Unternehmen oder einem Bereich eignen sich am besten zur Visualisierung mittels Makigami.