Das Telefon klingelt Sturm, der Posteingang quillt über, der Terminkalender platzt aus allen Nähten und die Deadlines rücken näher und näher. Die Hektik hält uns von morgens bis abends nicht auf Trab, sondern im Galopp. Schnell wird sie zum Stress, der sich auch lange nach Feierabend hält. Projektleiter und Manager kennen das Gefühl, unter Dauerfeuer zu sein, nur allzu gut. In unseren Inhouse-Workshops und bei der Projektbegleitung treffen wir immer wieder auf Führungskräfte, die wie das weiße Kaninchen aus Alice im Wunderland für Verbesserungen „keine Zeit, keine Zeit“ haben.

Berufliche Extremsituationen wie der Weggang eines wichtigen Mitarbeiters, der Verlust eines Kunden oder der Ausfall einer Anlage katapultieren Stress auf ein ungeahntes Level. Doch es gibt Möglichkeiten, weder an der täglichen Hektik noch an der mentalen Belastung in Turnaround-Situationen zugrunde zu gehen. Resilienz ist das Stichwort. Der Begriff beschreibt eine Verhaltensanpassung von Personen auf Veränderungen sowie Herausforderungen. Ziel ist eine innere Einstellung, mit Unsicherheit so umzugehen, dass sie nicht zur Überforderung wird. Bei den wenigsten ist eine solche Einstellung ein angeborenes Charakteristikum – doch Resilienz ist erlernbar. Ein Skill, den gerade Manager trainieren müssen.

Resilienz ist das Stichwort:

Weder an täglicher Hektik noch an belastenden Turnaround-Situationen zugrunde gehen

Denn Resilienz ist bereits in normalen Transformationsprozessen, denen sich Unternehmen stetig stellen, wichtig. Eine Situation der Neuausrichtung, ob als singuläres Ereignis oder als konstanter Prozess, verlangt Mitarbeitern und Führungskräften viel ab. Es kommt darauf an, sich vorzubereiten und Mechanismen zu entwickeln, die Situation nicht zur Belastung werden zu lassen. Noch bekennen sich Manager nur in den seltensten Fällen zu solchen Themen. Wer will schon Überlastung zugeben? Doch was wir von erfahrenen, in sich ruhenden Führungskräften wissen: Mit Übungen lässt sich diese Souveränität beim Umgang mit Veränderungen erreichen. Das Zurechtkommen mit Stress ist erlernbar und eine Stärkung der „inneren Abwehrkräfte“ lässt sich trainieren.

Mit Übungen lässt sich Souveränität beim Umgang mit Veränderungen erreichen

Dabei kommt wie beim Muskeltraining das Prinzip der Wiederholung zum Einsatz. Um Muskeln aufzubauen, folgen wir einer klaren Regel: Wiederholung. Was wir für die Muskulatur tun, können wir cum grano salis auch für unser Gehirn anwenden. Jeder, der mehrere Fremdsprachen spricht, hat diese Erfahrung gemacht: Während das Erlernen der ersten zwei, drei Sprachen sehr mühsam war, lässt sich bei den darauffolgenden auf Erfahrungswerte zurückgreifen. Das Gehirn ist trainiert und jede zusätzliche Vokabel fällt leichter als die davor. Das ist auch auf unternehmerische Situationen übertragbar. Die erste Prozessoptimierung war noch hart erkämpft und nicht ohne große Widerstände in der Organisation zu erreichen. Mit jeder weiteren Verbesserung, mit jeder neuen Exzellenzinitiative verringern sich der Trutz und die Projekte finden immer weitere Unterstützer. Sie werden schneller und lassen sich einfacher umsetzen.

Wie stärken Sie sich nun aber für Stresssituationen, die mit großer Sicherheit immer wieder auftauchen? Hier gilt es, sich an Erfahrungen aus dem Alltag zu halten: Die großen Fehler treffen uns zum Glück nicht häufig im Leben – die kleinen aber nicht so selten. Diese kleinen Zwischenfälle bieten eine ideale Möglichkeit, für die großen Herausforderungen zu trainieren. Denn unser Gehirn hat einen festen Mechanismus, wie wir wieder mental auf die Beine kommen. Nutzen Sie dies: In den Veränderungsprozessen, denen Unternehmen stetig unterliegen, üben Sie und sind dann für die großen Fragen gut gerüstet. Wenn uns ein äußerer Schock widerfährt, kommt es zu biochemischen Prozessen in unserem Gehirn, die fast wie von selbst ablaufen. Wichtig ist aber, auch in diesen Situationen einen klaren Kopf zu behalten und nicht einfach in einen Flucht- oder Kampfmodus zu verfallen. Um mit solchen Situationen besser zurechtzukommen, kann sich jeder durch eine Achtsamkeitsübung vorbereiten. Diese läuft in fünf einfachen Schritten ab und führt dazu, „den kühlen Kopf“ zu trainieren.

  1. Finden Sie einen ruhigen Platz, wo Sie für einige Minuten ungestört sind. Sie haben ein Einzelbüro oder sind im Homeoffice – perfekt! Machen Sie einfach kurz die Tür zu, stellen Sie das Telefon leise und schließen Sie Ihr Mailprogramm. Wer sich ein Büro mit Kollegen teilt, sucht den Aufenthaltsraum oder die Parkbank vor dem Gebäude auf.
  2. Setzen Sie sich bequem hin: Lehne im Bürosessel aufrecht stellen und fixieren, so dass Sie aufrecht und entspannt sitzen können.
  3. Richten Sie nun die Aufmerksamkeit auf den eigenen Atem. Einfach nur sich selbst beim Ein- und Ausatmen beobachten und wieder von Neuem beginnen.
  4. Dabei das Atmen nicht beeinflussen oder bewerten – es ist weder zu schnell noch zu langsam. Es ist, wie es fließt.
  5. Alles, was sonst im Gehirn an Gedanken hochkommt, einfach loslassen und sich von der Fokussierung auf den Atem durch nichts abbringen lassen.

Von einmal kommt nichts.

Aus solchen Atemübungen kommen Sie ruhiger und gelassener heraus. Sie finden wieder einen Fokus und schützen sich damit selbst vor unüberlegten Handlungen. Jedoch ist es bei dieser Resilienzübung wie beim Hantel-Training oder bei Sit-ups für den Waschbrett-Bauch: Von einmal kommt nichts. Es gilt, die fünf Schritte täglich zu wiederholen. Idealerweise finden Sie 20 bis 30 Minuten am Tag Zeit dafür. Aber auch zehn solcher Minuten helfen schon. Der Langzeit-Effekt einer solchen Übung ist nicht zu unterschätzen.

Schützen Sie sich vor unüberlegten Handlungen

Tritt eine Extremsituation ein, ein unternehmerischer Notstand oder ein ungeplanter Störfall – rennen Sie nicht los. Verfallen Sie nicht in Aktionismus, der eher von Panik als von Übersicht geprägt ist. Atmen Sie. Sie haben es täglich trainiert und nun wenden Sie die Übung wieder an. Das macht den Kopf frei und lässt Sie klarere Gedanken fassen. Ihre Entscheidungen werden nicht mehr getrieben, sondern Sie treffen sie souverän. Ein besonnener Kopf führt immer noch am besten.